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Mittelmeer: Risiko-Hotspot für Kollisionen von Schiffen mit Walen

Das Mittelmeer ist intensivem Schiffsverkehr ausgesetzt. Es verbindet den Indischen Ozean mit dem Atlantischen Ozean und bietet Zugang zum Schwarzen Meer. Mehr als 50 Prozent des Schiffsverkehrs finden aber innerhalb des Mittelmeers statt, das eine der verkehrsreichsten Schifffahrtszonen der Welt ist – selbst unter Einbezug der Prognose, dass der Seeverkehr in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird.

Vielerorts führen Schifffahrtsrouten direkt durch wichtige Lebensräume der Meeressäuger, etwa durch die Strasse von Gibraltar, das nordwestliche Mittelmeer samt Ligurischem Meer und spanischem Walmigrationskorridor, die balearischen Gewässer, das östliche Alboran-Meer sowie den Hellenischen Graben in Griechenland. Diese Gebiete wurden zu Hotspots erklärt, in denen das Risiko hoch ist, dass grosse Wale mit Schiffen kollidieren.

Gefährdete Wale durch Schiffskollisionen bedroht

Das Mittelmeer beherbergt elf Walarten. Zwei davon werden als Grosswale eingestuft, die besonders Gefahr laufen, von Schiffen gerammt zu werden: der Finnwal und der Pottwal. Beide Arten werden von der Weltnaturschutzunion (IUCN) auf der Roten Liste als stark gefährdet ausgewiesen. Schiffskollisionen sind einer der Hauptgründe für den anhaltenden Rückgang dieser Arten.

OceanCare leistet gegenüber Regierungen intensive Überzeugungsarbeit, dass sie in ihrem Zuständigkeitsbereich rechtsverbindliche Massnahmen zur Verhinderung von Kollisionen zwischen Walen und Schiffen ergreifen und auch bei der für die Regulierung der Schifffahrt zuständigen Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) entsprechend aktiv werden sollen. Wir wenden uns auch an die Privatwirtschaft und an Schifffahrtsunternehmen und fordern, wo immer möglich, Schifffahrtsrouten aus wichtigen Walhabitaten wie dem Hellenischen Graben zu verlegen und die Schifffahrtsgeschwindigkeit insbesondere im nordwestlichen Mittelmeer und in der Strasse von Gibraltar zu reduzieren.

Für vom Aussterben bedrohte Populationen wie jene der Pottwale im östlichen Mittelmeer unternimmt OceanCare zusätzliche Anstrengungen und hat das erste System zur Echtzeit-Lokalisierung dieser grössten Zahnwale entwickelt, was ergänzend zu den genannten Massnahmen Warnhinweise liefern soll, um eine Kollision mit Schiffen zu verhindern.

Den Wandel in Gang setzen

Gemeinsam mit Partnern hat OceanCare bereits wichtige Akteure des Schifffahrtssektors davon überzeugen können, den Lebensraum der Wale im Hellenischen Graben und in den Gewässern südlich von Sri Lanka zu meiden. Weiter wollen wir erreichen, dass für den Schiffsverkehr im nordwestlichen Mittelmeer verbindliche Geschwindigkeitsbeschränkungen eingeführt werden. Hier leben das ganze Jahr über gefährdete Finnwale und Pottwale und eine Temporeduktion wurde unter anderem vom Wissenschaftlichen Ausschuss des Abkommen zum Schutz von Walen und Delfinen im Mittelmeer und im Schwarzen Meer (ACCOBAMS) als wichtigste Massnahme zur Verringerung des Kollisionsrisikos identifiziert.

Eine Reduktion der Schiffsgeschwindigkeit würde darüber hinaus die Emissionen von Unterwasserlärm, Treibhausgasen und Luftschadstoffen wesentlich verringern. Für alle genannten Massnahmen setzt sich OceanCare kontinuierlich bei ACCOBAMS, der Barcelona-Konvention, der IMO sowie innerhalb der Europäischen Union ein.