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Kollisionsrisiko mit Walen: Schifffahrtgeschwindigkeit muss reduziert werden

25. Oktober 2022

Schiffe verschiedener Bauart können grosse Meerestiere – etwa Wale, Delfine, Meeresschildkröten, Seelöwen, Robben oder Haie – rammen. Dies wird als Schiffskollision (ship strike) bezeichnet. Dieses Problem betrifft alle Schiffe, unabhängig von Typ und Grösse. Gerammte Tiere werden direkt getötet oder oft schwer verwundet, was für sie einen langsamen und qualvollen Tod bedeutet. Schiffskollisionen sind in vielen Regionen ein gravierendes Tier- und Artenschutzproblem für die Meeresfauna, besonders für Grosswale. OceanCare setzt sich daher für die Anwendung bestehender und die Entwicklung neuer Problemlösungen ein.

Schiffskollisionen sind ein grosses Tier- und Artenschutzproblem. Sie können überall passieren, aber in manchen Regionen ist die Gefahr besonders gross, etwa wenn vielbefahrene Schifffahrtsrouten direkt durch wichtige Lebensräume, z.B. Fortpflanzungs- oder Nahrungsgebiete von Grosswalen, führen. Dazu zählen:

  • die Südküste von Sri Lanka (Blauwale)
  • der Hellenische Graben vor Griechenland (Pottwale)
  • der Hauraki-Golf / Tīkapa Moana in Neuseeland (Brydewale)
  • die Kanarischen Inseln (Pottwale)
  • das nordwestliche Mittelmeer (Pottwale und Finnwale)
  • der Nordwestatlantik (Atlantische Nordkaper)

Eine naheliegende Lösung mit vielen positiven Umweltwirkungen

Das Risiko von Schiffskollisionen kann nicht einfach technisch gelöst werden. Die beste Vorsorge besteht darin, Schifffahrtsrouten von Wallebensräumen zu trennen. Um die notwendigen Umleitungsoptionen zu identifizieren, ist es erforderlich, die wichtigsten Wallebensräume zu kennen. Hier sind die Arbeiten zur Ausweisung von Important Marine Mammal Areas (IMMAs) von grosser Bedeutung und werden von OceanCare mitgetragen.

Wo Routenverlegungen nicht möglich sind, ist es die wirksamste Massnahme, die Fahrtgeschwindigkeit der Schiffe zu vermindern. Tatsächlich ist die Geschwindigkeit der wichtigste Faktor bei Schiffskollisionen. Bei geringerem Tempo sind die Folgen einer Kollision weniger schwerwiegend, aber vor allem haben beide Seiten mehr Zeit, einander auszuweichen und eine Kollision überhaupt zu vermeiden. Es ist so wie in Bezug auf Menschen im Strassenverkehr, wo die Gefahr durch Tempolimits begrenzt wird.

Es gibt reichlich wissenschaftliche Literatur über die vielen positiven Auswirkungen einer Temporeduktion in der Schifffahrt, z.B. eine Arbeit des Walforschers Russell Leaper. Eine Senkung der Fahrtgeschwindigkeit der weltweiten Schiffsflotte um 10% würde die Gefahr von Kollisionen um 50% reduzieren! Darüber hinaus hätte sie positive Umweltwirkungen und würde den ökologische Bilanz der Schifffahrt deutlich reduzieren:

  • 40% weniger Lärmemissionen
  • 13% weniger Treibstoffverbrauch
  • 13-19% weniger CO2-Emissionen

Weitere Studien zeigen ausserdem Reduktionen von

  • Russ-Emissionen um 20%
  • NOx- und SOx-Emissionen um 13%

Um diese Vorzüge zu erreichen, muss aber eine weitere Hürde genommen werden. Eine Auswertung bestehender Programme zur Geschwindigkeitsreduktion zeigt einerseits, dass es keine nennenswerten ökonomischen Auswirkungen auf Reedereien und Häfen gibt, aber macht andererseits auch klar, dass die erforderliche Geschwindigkeitsreduktion nicht erzielt wird, solange die Massnahme nur freiwillig ist.

OceanCare fordert daher die Einführung einer verbindlichen Reduktion der Fahrtgeschwindigkeit. Damit würden auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für den gesamten Schifffahrtssektor geschaffen. Eine solche Regulierung würde Schiffskollisionen vermindern und den Ausstoss verschiedener Schadstoffe sowie von Lärm und Treibhausgasen senken.

Technische Lösungen als ergänzende Massnahme

In bestimmten Gebieten, in denen gefährdete Arten bzw. Populationen leben und der Schiffsverkehr nicht aus deren Lebensraum hinausverlegt werden kann, muss die Reduktion der Fahrtgeschwindigkeit durch technische Lösungen ergänzt werden. Diese sollen Meerestiere registrieren und ihren Aufenthaltsort an die Schiffskapitäne übermitteln. Einige bereits existierende Systeme werden verfeinert, andere neu entwickelt. OceanCare finanzierte die Entwicklung und Erprobung von SaveMoby, dem ersten Komplettsystem für die Echtzeit-Lokalisierung von Pottwalen.