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UNO-Hochseeabkommen: Fortschritte gemacht, aber noch nicht am Ziel

18. März 2022

Heute endet die vierte Verhandlungsrunde (IGC 4) des UNO-Hochseeabkommens zum Schutz von zwei Dritteln unseres Planeten. Leider hat die mit Spannung erwartete letzte Verhandlungsrunde eines fast 20 Jahre dauernden Prozesses nicht ausgereicht, um den rechtsverbindlichen Vertrag – den ersten seiner Art – über die Ziellinie zu bringen.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass trotz der langsamen Fortschritte und der Pandemie-bedingten Verzögerung die Verhandlungsbemühungen zahlreicher Länder deutlich spürbar waren. Es war klar zu sehen, dass viele Länder zum UNO-Hauptquartier in New York kamen und bereit waren zu verhandeln, obwohl sie aufgrund der COVID-19-Beschränkungen nur eine begrenzte Anzahl von Delegierten entsenden durften.

Alle Augen richten sich nun auf die 47 Regierungen der High Ambition Coalition on Biodiversity Beyond National Jurisdiction (BBNJ), um ihr Versprechen einzulösen, die Verhandlungen im Jahr 2022 abzuschliessen. Während wir uns nun auf eine fünfte Regierungskonferenz vorbereiten, die voraussichtlich noch in diesem Jahr stattfinden wird, sollte der derzeitige Verhandlungsgeist beibehalten werden. Dies jedoch ohne Abstriche hinsichtlich Ambition und einem robusten und griffigen Vertragstext zu machen, der die Hochsee effektiv schützt.

Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare, stellte in diesem Zusammenhang fest, dass “die Entscheidungsträger eine klare Chance haben, bis zur fünften Regierungskonferenz sinnvolle und mutige Fortschritte zu erzielen, um die grenzüberschreitende Verschmutzung einzudämmen und unsere Ozeane zu schützen, die eine wichtige Säule im Wettlauf gegen die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels sind. Wir hoffen, dass die Regierungen die Gelegenheit ergreifen und dafür sorgen, dass das Hochseeabkommen in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 abgeschlossen wird. Wir können unseren Planeten nicht im Stich lassen.”

Obwohl nun klar ist, dass eine weitere Regierungskonferenz notwendig ist – die dann endlich den dringend benötigten Schutz der biologischen Vielfalt in Gebieten jenseits der nationalen Gerichtsbarkeit bringen wird – muss noch mehr getan werden. “Wir hatten grosse Hoffnungen in die vierte Regierungskonferenz gesetzt. Aber wir müssen uns auch der Komplexität dessen bewusst sein, was dieser Vertrag erreichen will: den Schutz und die Erhaltung der Hohen See, ein Gebiet, das allen gehört und keinem Land allein. Dies ist kein leichtes Unterfangen, und eine Einigung darüber zu erzielen, wie dieses Meeresgebiet am besten geschützt werden kann, ist ein langwieriger und zeitraubender Prozess. Ich bleibe jedoch zuversichtlich, dass Regierungen bis zur nächsten Regierungskonferenz weiter arbeiten und dann auf der fünften Regierungskonferenz, hoffentlich im Jahr 2022, ein historisches Abkommen verabschieden werden”, sagt Johannes Müller, Policyexperte und BBNJ-Leiter bei OceanCare.

Hintergrundinformationen

Der Ozean ist die blaue Lunge der Welt

Der Ozean produziert mehr als die Hälfte des weltweiten Sauerstoffs, während er gleichzeitig erhebliche Mengen an Kohlendioxid absorbiert. Für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt ist der Ozean die wichtigste Lebensader, da er wesentliche Ökosystemleistungen (z. B. Nahrungsquellen) und lebenswichtige Einkommensströme für heutige und künftige Generationen bereitstellt.

Die Fähigkeit des Ozeans, dies zu tun, ist jedoch unter anderem durch ein breites Spektrum menschlicher Aktivitäten und durch sichtbare und unsichtbare grenzüberschreitende Schadstoffe wie Chemikalien, Plastik und Unterwasserlärm bedroht. Die Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden und effizienten Instruments für eine kollektive Verwaltung von Meeresgebieten jenseits der nationalen Gerichtsbarkeit ist daher dringender erforderlich.

OceanCare hebt die Verschmutzung durch Unterwasserlärm als Beispiel für eine der relevantesten Formen der grenzüberschreitenden Verschmutzung hervor, die einen globalen Ansatz zum Schutz der Ozeane erfordert. Meereslärm, der sowohl durch kontinuierliche Quellen (z.B. kommerzielle Schifffahrt) als auch durch impulsive Quellen (z.B. Kohlenwasserstoffexploration) erzeugt wird, ist eine erhebliche Bedrohung für die biologische Vielfalt der Meere in Gebieten ausserhalb der nationalen Gerichtsbarkeit (ABNJ). Die Hohe See gehört keinem einzelnen Land, und es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Länder die Bedrohungen, denen die Hohe See ausgesetzt ist, gemeinsam angehen.


Besorgnis über Transparenz, Rechenschaftspflicht und Einbeziehung der Zivilgesellschaft

Vom 7. bis zum 18. März trafen sich die Regierungen am Sitz der Vereinten Nationen in New York, um die Verhandlungen über einen globalen Vertrag über die Hohe See (BBNJ-Abkommen) abzuschliessen. Die Vorbereitungen für die vierte Sitzung der Regierungskonferenz über einen BBNJ-Abkommen wurden jedoch von den strengen Beschränkungen für die Beteiligung der Zivilgesellschaft überschattet, die unter anderem darin bestand, dass ihr in der ersten Verhandlungswoche der Zugang zum UNO-Gelände aufgrund von Covid-19-Massnahmen verwehrt wurde.

Andere wichtige internationale Tagungen und Konferenzen, darunter zuletzt die wieder aufgenommene Fünfte Tagung der Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA 5.2), die Anfang März 2022 in Nairobi zu Ende ging, haben gezeigt, dass eine sinnvolle Beteiligung der Zivilgesellschaft trotz der COVID-19-Beschränkungen möglich ist. Glücklicherweise erhielten zivilgesellschaftliche Organisationen in der zweiten Woche wieder begrenzten Zugang zu den Verhandlungen.

Viele Mitglieder der Zivilgesellschaft haben unzählige Ressourcen eingesetzt, um den Delegationen Kapazitäten und Fachwissen zur Verfügung zu stellen. Der völlige Ausschluss der Zivilgesellschaft von Teilen der Konferenz stellt einen sehr besorgniserregenden Präzedenzfall für künftige multilaterale Verhandlungen dar; er sendet die falsche Botschaft und scheint im Widerspruch zu den Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu stehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die fünfte Regierungskonferenz wieder mit voller Zugänglichkeit und Beteiligung der Zivilgesellschaft stattfindet.