Medienmitteilung

One Ocean Summit: Wenig Verbindlichkeit im Meeresschutz

11. Februar 2022

Ambitionen genügen nicht, um die Meere zu schützen: Ein Highlight des Schlusstags des One Ocean Summit, der unter der Leitung des französischen Präsidenten stattfand, war die heutige Deklaration einer neu formierten „High Ambition Coalition“ (HAC) über Biodiversität in Gewässern ausserhalb nationaler Hoheitsgebiete. „Diese Deklaration ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber sie geht nicht weit genug“ so die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare. Die Hoffnung liegt auf dem BBNJ-Vertrag zum Schutz der Hochsee.

Im März versammeln sich Verhandler aus aller Welt am UNO-Hauptquartier in New York, um in der vierten und abschliessenden Konferenz ein neues, international verbindliches Abkommen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Biodiversität der Hochsee (BBNJ-Vertrag) zu beschliessen. Die heutige Deklaration ist zwar zweifellos ein Fortschritt, aber noch deutlich zu unambitioniert, so OceanCare. Der BBNJ-Vertrag (biodiversity beyond national jurisdiction) ist eine Chance, bestehende Lücken und Mängel in der Meerespolitik zu beheben und wirksame Massnahmen gegen grenzüberschreitende Meeresverschmutzung zu ergreifen.

«Der BBNJ-Vertrag ist eine einzigartige Gelegenheit, die Hochsee vor verschiedenen grenzüberschreitenden Formen der Umweltverschmutzung, u.a. Unterwasserlärm, zu schützen. Jeder muss verstehen, dass Meeresschutz keine altruistische Angelegenheit ist, sondern für die Zukunft des Homo sapiens auf diesem Planeten unverzichtbar», betont Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare. «Wir hoffen, dass die Regierungen sich ihrer Verantwortung stellen und bei der IGC stärkere Ziele als jene der HAC-Deklaration vereinbaren werden. Die kombinierte Klima- und Biodiversitätskrise duldet keine weiteren Verzögerungen, sondern verlangt nach entschlossenem Handeln. Das schulden wir jenen, die bereits mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen haben, und den Generationen, die nach uns kommen.»

Der BBNJ-Vertrag (biodiversity beyond national jurisdiction) ist eine Chance, bestehende Lücken und Mängel in der Meerespolitik zu beheben und wirksame Massnahmen gegen grenzüberschreitende Meeresverschmutzung zu ergreifen. In Zeiten zunehmenden Drucks auf die Ozeane ist die heute vorgestellte Deklaration der High Ambition Coalition (HAC) ein begrüssenswerter Schritt in Richtung des Schutzes der Biodiversität der Hochsee. Der BBNJ-Vertrag muss eine starke Grundlage für den Schutz der Biodiversität der Hochsee schaffen. «Der Vertrag muss umfassende, verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle Aktivitäten mit Auswirkungen auf die Hochsee vorsehen, unabhängig davon, wo sie ihren Ausgang nehmen. Leider fehlt dieser Aspekt in der heutigen Deklaration», beklagt Johannes Müller, BBNJ-Experte bei OceanCare.

Nachdrücklich begrüsst OceanCare, dass in der heutigen Deklaration die gemeinsame Verantwortung für die Meere und die Notwendigkeit eines «besseren Umgangs mit der Hochsee» anerkannt wird. Auch begrüsst die Meeresschutzorganisation die Haltung, dass der beste Weg zum Schutz des marinen Lebens in einem «starken internationalen Rechtsrahmen» besteht, der «auf Wissenschaft gründet und zusätzliche rechtliche Verpflichtungen und effektive Umweltschutzmassnahmen festlegt». Die Deklaration ist allerdings auch eine bittere Erinnerung, dass bis zur vierten „Intergovernmental Conference» (IGC) im März noch ein weiter Weg zu gehen ist. Die beispiellose Dringlichkeit der Klima- und Biodiversitätskrise verlangt nach kraftvollen, ambitionierten Massnahmen, die in verschiedener Hinsicht in der HAC-Deklaration nicht abgebildet sind.

«Manche Schutzmassnahmen sind einfach umzusetzen und würden unseren ökologischen Fussabdruck unmittelbar verkleinern. Dazu gehört die Verringerung der Fahrtgeschwindigkeit in der Schifffahrt weltweit. Dies würde auf einen Schlag Treibhausgasemissionen, Unterwasserlärm und Luftverschmutzung vermindern. Aber solche konkreten Massnahmen fehlen in der Deklaration völlig», sagt Carlos Bravo, Meerespolitik-Experte bei OceanCare.

Stärkere Ambition ist notwendig – In ihrer Vorbereitung für die 4. IGC nächsten Monat müssen die Staaten die Ziele und Festlegungen im Meeresschutz nachschärfen. Die Welt kämpft bereits mit den Folgen eines Umwelt- und Klimanotstands. Der Schutz der Ozeane ist unverzichtbar, um das Schlimmste abzuwenden. Die Rufe nach wirksamen Massnahmen gegen den Klimawandel waren noch nie lauter und die Annahme eines ambitionierten BBNJ-Vertrags, der über die HAC-Deklaration hinausgeht, ist längst überfällig.

Der Ozean ist unsere blaue Lunge Ozeane sind die blaue Lunge der Welt. Sie produzieren mehr als die Hälfte des weltweiten Sauerstoffs, und absorbieren gleichzeitig erhebliche Mengen an Kohlendioxid. Für Milliarden Menschen auf der ganzen Welt ist der Ozean die wichtigste Lebensader, da er wesentliche Ökosystemleistungen (z.B. Nahrung) und den Lebensunterhalt für heutige und künftige Generationen bereitstellt. Diese Ozean-Leistungen sind jedoch bedroht – unter anderem durch ein breites Spektrum menschlicher Aktivitäten und durch sichtbare und unsichtbare grenzüberschreitende Schadstoffe wie Chemikalien, Plastik und Unterwasserlärm. Es besteht daher ein entscheidender und dringender Bedarf nach der Entwicklung und Umsetzung eines umfassenden und effizienten Instruments für eine kollektive Verwaltung von Meeresgebieten jenseits nationaler Zuständigkeiten.

Die Verschmutzung durch Unterwasserlärm ist eine der relevantesten Formen grenzüberschreitender Verschmutzung. Dies erfordert einen globalen Ansatz zum Schutz der Ozeane. Unterwasserlärm, den sowohl kontinuierliche Quellen (z.B. kommerzielle Schifffahrt) wie auch impulsive Quellen (z.B. in der Suche nach Öl und Gas) erzeugen, ist eine erhebliche Bedrohung für die biologische Vielfalt der Meere in Gebieten ausserhalb nationaler Gerichtsbarkeit (ABNJ). Die Hohe See gehört keinem einzelnen Land. Daher ist ein gemeinsames Vorgehen der Länder entscheidend, um den Bedrohungen, denen die Hohe See ausgesetzt ist, zu begegnen.