Internationaler Seegerichtshof: Staaten müssen für intakte Meereslebensräume sorgen
In einem wegweisenden und historischen Urteil hat der Internationale Seegerichtshof (ITLOS) ein lang erwartetes Rechtsgutachten zur Verantwortung der Staaten bei der Bekämpfung des Klimawandels vorgelegt. Bei der heutigen Verkündung in Hamburg stellten die Richter unmissverständlich klar, dass nach internationalem Recht die Aufnahme von Treibhausgasen durch die Meere als Meeresverschmutzung anzusehen ist und die Staaten zum Schutz und Erhalt der Meeresumwelt verpflichtet sind. Das Urteil wurde von einer Gruppe kleiner Inselstaaten angestrebt, deren Existenz durch den Anstieg des Meeresspiegels infolge des Klimawandels bedroht ist.
Dr. James Kerry, Meeresbiologe und Klimaexperte von OceanCare, kommentiert das Urteil wie folgt:
„OceanCare begrüsst dieses aussagekräftige und wegweisende Urteil, das klarstellt, dass unsere ständigen Forderungen an die Regierungen, alles zu unternehmen, um die marinen Ökosysteme zu schützen, im internationalen Recht verankert sind. Die Position des Tribunals war einstimmig und unmissverständlich: Vom Menschen verursachte Treibhausgase stellen eine Meeresverschmutzung im Sinne des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) dar. Folglich sind die Staaten verpflichtet, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um Emissionen zu vermeiden, zu verringern und zu kontrollieren, die den Klimawandel und damit die Erwärmung oder Versauerung der Meere verursachen.“
„Entscheidend ist, dass nach Auffassung des Gerichts die Vermeidung und Verringerung der Verschmutzung der Meeresumwelt durch Treibhausgase dem Vorsorgeansatz folgen muss. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass keine Öl- und Gasexploration und -förderung mehr stattfinden darf, was eine der obersten Prioritäten von OceanCare ist.“
„Das Gericht hat in seinem Urteil auch die Belastung der Meere und des Klimas durch die Schifffahrt berücksichtigt. Es hat betont, dass die Flaggenstaaten verpflichtet sind, weitere notwendige Massnahmen durchzusetzen und zu ergreifen, um die Verschmutzung der Meeresumwelt durch Schiffsemissionen zu verhindern. Dies bestätigt die von OceanCare vertretene Position, dass Schiffe langsamer fahren sollten, was zahlreiche Vorteile mit sich bringt, darunter die Reduktion von Treibhausgasemissionen, die Verringerung des Risikos von Kollisionen mit gefährdeten Meereslebewesen und die Reduktion der Lärmbelästigung unter Wasser.“
„OceanCare unterstützt auch die Position, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen eine wichtige Verpflichtung und ein wesentlicher Bestandteil eines angemessenen Managements der Meeresumwelt sind. Sie gelten sowohl für private als auch für staatliche Akteure und müssen vor jeder Aktivität durchgeführt werden, die die Meeresumwelt potenziell verschmutzen könnte. Dies schliesse daher jede Ausweitung der Nutzung fossiler Brennstoffe ein und müsse die kumulativen Auswirkungen solcher Entwicklungen berücksichtigen.“
„Schliesslich betonte der Gerichtshof die Verpflichtung der Staaten zur Wiederherstellung der Ökosysteme als Teil ihrer UNCLOS-Verpflichtungen zum Schutz der Meeresumwelt. Eine solche Wiederherstellung muss auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und sich auf das Ökosystem selbst konzentrieren. OceanCare würde es begrüssen, wenn die internationale Gemeinschaft in dieser Hinsicht ehrgeiziger wäre, weist aber darauf hin, dass Vorbeugen wie immer besser ist als Heilen.“
Das Gutachten selbst ist kein rechtsverbindliches Instrument. Durch die Interpretation des bestehenden internationalen Rechts bietet es jedoch eine klare Richtlinie für Regierungen auf der ganzen Welt und könnte als Grundlage für zukünftige Rechtsstreitigkeiten dienen.