Medienmitteilung

Tiefseebergbau: Erster Test für neue Maritime Strategie der Schweiz

15. Juni 2023

Offener Brief an den Bundesrat: Eine Koalition der Zivilgesellschaft fordert vom Bundesrat, sich für den Schutz der Tiefsee einzusetzen.

Mit der Verabschiedung der neuen und gleichzeitig ersten Maritimen Strategie der Schweiz steht diese und somit der Bundesrat gleich auf dem Prüfstand. An der bevorstehenden Tagung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) im Juli in Jamaika wird eine Weichenstellung in der Frage erwartet, ob die ISA-Vertragsstaaten den Startschuss der kommerziellen und industriellen Ausbeutung der Tiefsee erteilen oder sich weiter ernsthaften Verhandlungen über ein zumindest temporäres Verbot widmen. In einem offenen Brief fordern zahlreiche Schweizer Verbände, darunter OceanCare, die Beobachterstatus an der ISA hält und an der Konferenz in Jamaika vor Ort vertreten sein wird, vom Bundesrat ein klares Bekenntnis für ein Moratorium für den Tiefseebergbau.

Die am 2. Juni seitens des Bundesrates beschlossene Meeresstrategie der Schweiz beinhaltet ein klares Bekenntnis für ein verstärktes Engagement zur Erhaltung der marinen Vielfalt, bezieht aber zum Tiefseebergbau nicht eindeutig Stellung. „Der Bundesrat muss nun Flagge zeigen, auf welchen Kurs die jüngste Meeresstrategie navigieren wird“, sagt Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare. „Die Meere sind im Krisenmodus und die fragile Tiefsee erlaubt keine Experimente. Alles andere als der vehemente Einsatz für ein Tiefseebergbau-Moratorium wäre ein Abgesang an den Meeresschutz.“ Diese Forderung deckt sich auch mit den wissenschaftlichen Ergebnissen einer neuen Studie der Universitäten Bern und Lausanne, die durch den Bund in Auftrag gegeben wurde. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass der „industrielle Abbau von Mineralvorkommen … zwangsläufig zu Umweltschäden“ führe. Sie empfehlen, „die kommerzielle Ausbeutung von mineralischen Ressourcen in der Tiefsee aufgrund des Vorsorgeprinzips zu pausieren“.

Ein Antrag des Inselstaates Nauru im Jahr 2021 gab den Ausschlag für eine Zweijahresfrist, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Nimmt man die Warnungen der Wissenschaft und das Vorsorgeprinzip ernst, ist man jedoch weit davon entfernt, Genehmigungen für industrielle Erschliessung der Tiefsee zu erteilen und gleichzeitig den Schutz der Habitate für die grösste Quelle der Arten- und Ökosystemvielfalt auf der Erde zu gewährleisten.

Die 167 Vertragsstaaten und die EU, die bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) Mitglied sind, darunter die Schweiz, tagen zwischen 10. und 28. Juli 2023 in Kingston, Jamaika. OceanCare hält Beobachterstatus an der ISA und wird an der entscheidenden Konferenz vor Ort vertreten sein. 2021 veröffentlichte OceanCare mit Deep-Sea Mining: A Noisy Affair einen Bericht, der erstmals die Unterwasserlärm erzeugenden Aktivitäten des Tiefseebergbaus adressiert, potenzielle Gefahren aufzeigt und Empfehlungen ausspricht.

„Die wissenschaftlichen Einschätzungen sind klar. Namhafte Unternehmen und zahlreiche Regierungen, darunter Deutschland, Frankreich und Spanien sprechen sich für ein Verbot, ein Moratorium oder zumindest eine Pausierung aus. Der Abbau von Rohstoffen aus der Tiefsee ist nicht nötig. Wir hoffen, dass sich die Schweiz diesen zahlreichen Ländern anschliesst und eine zeitgemässe Positionierung fällt“, sagt Fabienne McLellan.

 

Offener Brief an den Bundesrat

Hintergrundinformationen zu der Forderung für ein Tiefseebergbau-Moratorium

Hintergrundinformationen zu Tiefseebergbau und Lärm