Story

Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO)

Die Mission der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ist es, die Schifffahrt sicher und umweltverträglich zu machen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1959 hat die IMO beachtliche Erfolge erzielt, allerdings entsetzlich langsam und sicherlich nicht ausreichend, um dem aktuellen Klimanotstand und dem Biodiversitätsverlust in den Meeren angemessen zu begegnen. OceanCare fordert von der IMO, dringend rechtsverbindliche Massnahmen zur Reduktion des Unterwasserlärms, der Treibhausgasemissionen und des Kollisionsrisikos von Schiffen mit Grosswalen zu beschliessen. Dabei ist eine verpflichtende Reduktion der Fahrtgeschwindigkeit von Schiffen die wirksamste Massnahme, die sofort eingeführt werden sollte, auch um für die Schifffahrtsunternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Die globale Institution zur Erarbeitung von Standards für Sicherheit und Umweltschutz in der Schifffahrt ist die Internationale Seeschifffahrtsorganisation. Sie wurde Mitte des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Vereinten Nationen geschaffen und hat aktuell 175 Mitgliedstaaten.

Seitdem ist es der IMO gelungen, zahlreiche verbindliche Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der Schifffahrt und der Seeleute zu verabschieden, u.a. in den Bereichen Ausbildung, technische Massnahmen, Notfallkommunikationssysteme, Hilfeleistung in Seenot, Bekämpfung gesetzloser Handlungen auf See usw. Ihre erste grosse Aufgabe war die Novellierung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), was 1960 gelang. Danach befasste sich die IMO unter anderem mit der Erleichterung des internationalen Seeverkehrs und anderen technischen und administrativen Angelegenheiten.

Dann aber verdeutlichte die Umweltkatastrophe durch den Öltanker Torrey Canyon im Jahr 1967, bei dessen Havarie 120.000 Tonnen Rohöl ausliefen, dass sich die IMO nicht nur mit der Sicherheit der Menschen in der Schifffahrt befassen muss, sondern auch mit deren Auswirkungen auf die Umwelt.

In diesem Sinne führte die IMO in den folgenden Jahren eine Reihe von Massnahmen ein, um Tankerunfälle zu verhindern, ihre Auswirkungen zu minimieren und die Entschädigung potentieller Opfer zu regeln. Die IMO befasste sich ausserdem mit der Umweltgefährdung durch Routinevorgänge wie die Reinigung von Öltanks und die Verklappung von Maschinenraumabfällen, die insgesamt eine ebenso grosse oder sogar grössere Ölverschmutzung verursachen als Unfälle.

Einer der wichtigsten Schritte war die Entwicklung des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) in den 1970er Jahren. Dieses Übereinkommen deckt nicht nur die unfallbedingte und betriebsbedingte Ölverschmutzung ab, sondern auch die Verschmutzung durch Chemikalien, verpackte Güter, Abwässer, Abfälle und Luftverschmutzung. Die in den Abgasen von Schiffen enthaltenen Luftschadstoffe, darunter Schwefeloxide (SOx) und Stickoxide (NOx), werden von der IMO durch Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens geregelt, das 1997 beschlossen wurde und am 19. Mai 2005 in Kraft trat. Es regelt auch die Einrichtung von Emissionsüberwachungsgebieten (ECA) zur weiteren Reduktion von Emissionen dieser Schadstoffe in eigens ausgewiesenen Meeresgebieten.

Weitere wichtige im Rahmen der IMO geschlossene Übereinkommen betreffen Bewuchsschutzsysteme (Internationales Übereinkommen über die Beschränkung des Einsatzes schädlicher Bewuchsschutzsysteme auf Schiffen, AFS 2001), Ballastwassermanagement gegen die Einschleppung nichtheimischer Arten (Ballastwasser-Übereinkommen, BWM 2004) und Schiffsrecycling (Hongkong-Konvention für das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen, 2009).

Freiwillig oder verpflichtend – wie lassen sich Unterwasserlärm und Klimaschädlichkeit der Schifffahrt verringern?

Im April 2014 beschloss die IMO nach vielen Jahren der Verhandlungen die freiwilligen Guidelines for the reduction of underwater noise from commercial shipping to address adverse impacts on marine life (MEPC.1/Circ.833). Diese Leitlinien berücksichtigen verbreitete Technologien und Massnahmen, die für die meisten Akteure der kommerziellen Schifffahrt von Bedeutung sein können, etwa für Konstrukteure, Schiffsbauer und Schiffsbetreiber. Diese werden dazu angehalten, auch Technologien und betriebliche Massnahmen gegen Propeller-Kavitation sowie Änderungen in der Maschinenausstattung an Bord und im Fahrbetrieb zu erwägen.

Schiffe mit effizienteren Propellern bedeuten sowohl geringere Instandhaltungs- und Treibstoffkosten für die Schifffahrtsunternehmen (und damit geringere Emissionen von Treibhausgasen und Schadstoffen) als auch eine erhebliche Verringerung der Unterwasserlärm-Emissionen.

Im Laufe der Jahre zeigte sich jedoch, dass diese freiwilligen Leitlinien nur in geringem Masse umgesetzt werden. Das Ziel, den von der Schifffahrt verursachten Unterwasserlärm zu verringern, wurde verfehlt. Offenbar waren die Unverbindlichkeit dieser Leitlinien und ungelöste Fragen der Messung die Hauptursachen für die mangelhafte Umsetzung. Kanada, die USA und Australien beantragten eine Überprüfung und Überarbeitung dieser Leitlinien. Dieser Antrag wurde auf der der Sitzung des IMO-Umweltausschusses (MEPC 76) im Juni 2021 angenommen und die Überarbeitung der Leitlinien eingeleitet. Das Ergebnis wird voraussichtlich im Sommer 2023 vorgelegt werden.

Auch beim Problem der Kollisionen von Schiffen mit Walen und anderen Meerestieren wurde nicht genug unternommen. Bisher hat die IMO lediglich ein Guidance Document for Minimizing the Risk of Ship Strikes with Cetaceans vorgelegt, das auf dem Stand von 2009 ist.

Es ist allgemein anerkannt, dass die Reduktion der Fahrtgeschwindigkeit von Schiffen unter den verfügbaren betrieblichen Massnahmen diejenige ist, die negative Umweltwirkungen des Schiffsverkehrs am kosteneffizientesten vermindern kann. Und sie kann sofort umgesetzt werden. Tatsächlich ermöglicht es diese Massnahme, den Ausstoss von CO2, von Luftschadstoffen wie SOx und NOx, von Russ und von Unterwasserlärm sowie die Kollisionsgefahr mit Meerestieren in grossem Masse und mit sofortiger Wirkung zu vermindern.

Die Schifffahrt und die Klimaziele

Langsam ist die Branche auch hinsichtlich der Reduktion der Treibhausgase. Es dauerte bis April 2018, bis der IMO-Umweltausschuss endlich eine erste IMO-Strategie zur Treibhausgasreduktion in der Schifffahrt verabschiedete. Mit dieser Strategie gehört die Schifffahrt allerdings zu den letzten Sektoren, deren Ziele noch nicht mit dem Pariser Klimaabkommen in Einklang gebracht wurden. Ihr derzeitiges Ziel lautet lediglich, die Emissionen bis 2050 um mindestens 50% (im Vergleich zu 2008) zu reduzieren und Emissionsfreiheit „so bald wie möglich in diesem Jahrhundert“ zu erreichen. Das ist eindeutig zu wenig für das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, das von der internationalen Gemeinschaft auf dem jüngsten Klimagipfel (COP26) in Glasgow erneut bekräftigt wurde.

Während der COP26 unterzeichneten 14 Länder (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Honduras, Island, Marshallinseln, Norwegen, Panama, Schweden, Ungarn, USA und UK) die Erklärung für eine emissionsfreie Schifffahrt bis 2050 mit dem Ziel, die Emissionen der globalen Seeschifffahrt bis 2050 auf Null zu reduzieren.

OceanCare verfügt noch nicht über einen Beobachterstatus bei der IMO, nimmt aber zusammen mit Branchenvertretern als Teil der Schweizerischen Delegation an den Meetings teil, besonders an jenen des Umweltausschusses (MEPC).

Weiterführende Informationen

IMO. International Maritime Organization homepage.

UNCTAD. Review of Maritime Transport 2021.

IMO. Fourth IMO GHG Study (2020).

IMO. MEPC.1/Circ.833. Guidelines for the reduction of underwater noise from commercial shipping to address adverse impacts on marine life (7 April 2014).

IMO. Guidance Document for Minimizing the Risk of Ship Strikes with Cetaceans (2009).

Russell Leaper. The Role of Slower Vessel Speeds in Reducing Greenhouse Gas Emissions, Underwater Noise and Collision Risk to Whales. Front. Mar. Sci. (16 August 2019).

IMO. Resolution MEPC 304(72) adopted on 13 April 2018. Initial IMO Strategy on reduction of GHG emissions from ships.