Story

Die Schweiz soll Plastik-Champion werden

OceanCare setzt sich international für den Schutz der Weltmeere ein. Wenn es um Kunststoffe geht, beginnt dies bereits am Sitz der Organisation: in der Schweiz. Das Binnenland gehört weltweit zu den Spitzenreitern in Sachen Plastikverbrauch. Auch aus der Schweiz gelangt Plastik über Seen und Flüsse ins Meer. Die Schweizer Regierung ist aufgerufen, das Plastiproblem im eigenen Land anzugehen und sich im globalen Kontext für ein Plastikabkommen stark zu machen.

Rund 80 Prozent der etwa neun Millionen Tonnen Plastik, die jährlich in die Meere gelangen, stammen vom Festland. Auch aus der Schweiz. Allein die Rhone transportiert rund zehn Kilo Mikroplastik pro Tag aus dem Genfer See ins Mittelmeer. Jährlich gelangen schätzungsweise 20 Tonnen Kunststoffteile in die Ozeane. Flüsse sind sozusagen die «Wurzeln der Meere», womit der Meeresschutz vor unserer eigenen Tür beginnt.

Schweiz als Vorreiterin für ein globales Plastikabkommen

OceanCare, das Center for International Environmental Law (CIEL) und die Fondation Gallifrey haben die Schweizer Regierung 2020 aufgerufen, bei der Eindämmung der Plastikflut eine führende Rolle einzunehmen. Im Rahmen der UNO-Umweltversammlung (UNEA) soll sie sich konsequent für die Schaffung eines Plastikabkommens einsetzen und ihre Expertise in multinationaler Zusammenarbeit aktiv einbringen. Nationalrat Niklaus-Samuel Gugger reichte dem Schweizer Parlament im Herbst 2020 eine entsprechende Interpellation ein.

Von höchster Stelle war bereits 2019 ein deutliches Signal gekommen: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hatte die Wichtigkeit global koordinierter Massnahmen zur Reduktion der Plastikkrise bestätigt und die Schweizer Delegation betonte innerhalb der UNEA-Expertengruppe für ein Plastikabkommen, wie dringend entschlossenes Handeln angesichts des Ausmasses des Plastikproblems sei. Seit 2022 setzt sich die Schweizer Regierung als Teil einer «High Ambition Coalition» innerhalb der UNO für ein weitreichendes globales Plastikabkommen ein.

Markanter Richtungswechsel auf nationaler Ebene gefordert

OceanCare will erreichen, dass der Bundesrat das Plastikproblem auch national konsequent angeht. Innerhalb der Schweiz braucht es hierzu ein Umdenken. Das allgemeine Recht auf eine gesunde Umwelt soll höher gewichtet werden, als das Recht der Plastikindustrie auf Profit. Dass die Bevölkerung das Plastikproblem ernstnimmt, zeigt eine repräsentative Umfrage, die gfs.bern im Auftrag von OceanCare gemacht hat: fast drei Viertel der befragten Personen sind der Ansicht, dass die Schweiz ein Plastikproblem hat und eine Mehrheit wünscht rechtlich bindende Massnahmen.

OceanCare fordert von der Schweizer Regierung Richtlinien zur Reduktion von Einwegplastik analog jener, die die EU erlassen hat. Im Fokus sollen etwa Einwegplastik für Takeaway oder Einkaufstüten stehen, die nach kurzem Gebrauch zu Müll werden und die Natur danach über sehr grosse Zeiträume hinweg belasten. Auch Mikroplastik, das Kosmetikartikeln oder Reinigungsmitteln beigemischt wird und beim Einsatz solcher Produkte ins  Wasser gelangt, soll verboten werden.

Nötig ist eine staatliche Regulierung, da die Plastikindustrie nicht freiwillig einlenkt und ihre Produktion massiv zu erhöhen plant. Das Plastiksystem in der Schweiz ist linear: 85 bis 90 Prozent aller Kunststoffe werden hierzulande weder recycelt noch wiederverwendet, sondern verbrannt, wobei klimaschädigende Filterasche und toxische Schlacken entstehen. Nur ein kleiner Prozentsatz wird zu Recycling-Gut, das teilweise ins Ausland verfrachtet wird, wobei oft unklar ist, ob es effektiv wiederverwertet oder letztendlich doch zu Müll wird.

Die Schweizer Regierung hat sich zwar auf die Fahne geschrieben, die Kreislaufwirtschaft zu fördern, aber der Bundesrat schöpft seinen Spielraum hinsichtlich rechtlich bindender Massnahmen zu Plastik nicht aus. Mittlerweile ist die Schweiz in Sachen Reduktion von Einwegplastik bereits das Schlusslicht Europas. In über 70 Vorstössen haben Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier bisher verlangt, dass das Plastikproblem angegangen wird.

Im Dezember 2022 intensivierten Nationalrätinnen und Nationalräte ihre Bemühungen und forderten den Bundesrat in diversen Interpellationen auf, Stellung zu beziehen. OceanCare begleitet die Aktivitäten sachkundig im Hintergrund und unterstützt deren Vorstösse mit soliden Fakten zum Plastikproblem in der Schweiz und mit einer Petition, die es der Bevölkerung erlaubt, den Bundesrat ebenfalls zum Handeln aufzufordern.

Mythos «Saubere Schweiz» - die Fakten

  • In der Schweiz werden pro Jahr 1 Million Tonnen Plastik verbraucht. Das sind 127 Kilogramm pro Person und damit der europaweit höchste Pro-Kopf-Verbrauch von Kunststoffen.
  • In der Schweiz werden pro Jahr 780 000 Tonnen Kunststoffe zu Müll. Davon landen gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU) 14 000 Tonnen in Schweizer Böden sowie in Gewässern.
  • Massnahmen gegen Littering kosten die Schweiz 200 Millionen Franken pro Jahr.
  • Eine Studie zeigt, dass Mikroplastik in grossen Mengen auch im Schnee der Schweizer Berge zu finden ist.
  • An Ufern und im Wasser der Schweizer Seen und Flüsse landen pro Jahr 120 bis 150 Tonnen Plastikmüll.
  • 80 Prozent des Mülls in der Schweiz wird verbrannt und pro Tonne Abfall entstehen 170 Kilo hochgiftige Schlacke.
  • 65 Prozent der Littering-Abfälle bestehen aus Kunststoff – den grössten Teil davon machen Zigarettenstummel aus.
  • Schweizer Naturschutzgebiete sind mit schätzungsweise 53 Tonnen Mikroplastik verseucht.
  • Der Rhein schwemmt pro Jahr rund 10 Tonnen Mikroplastik in die Nordsee.
  • Der Zürichsee enthält rund 141 Kilo Mikroplastik.
  • Kunststoffe bleiben sehr lange in der Umwelt und geben laufend Giftstoffe ab. Entsprechend steigt die toxische Belastung von Jahr zu Jahr und damit die Gefahr für Menschen, Tiere und Pflanzen.
  • Weitere Fakten zum Plastikproblem in der Schweiz

OceanCare setzt alles daran, dass das Plastikproblem durch gesetzliche Richtlinien weltweit und auch in der Schweiz an den Wurzel gepackt wird. Bis unnötiges Einwegplastik verboten sein wird, ist es an uns allen, davon so wenig wie möglich zu verbrauchen und zu sagen: I Care!