Medienmitteilung

Plastikabkommen: Geisternetze töten Meerestiere in gespenstischem Ausmass

31. Mai 2023
Verbindliche globale Regeln sind überfällig

In Paris finden seit Montag die internationalen Verhandlungen (INC-2) für ein neues globales Plastikabkommen statt. Einige Staaten versuchen jedoch auf die Bremse zu steigen. Dabei könnte die Dringlichkeit für den raschen Beschluss eines starken Abkommens nicht grösser sein. Anhand der Meeresverschmutzung durch sogenannte Geisternetze illustriert die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare das Ausmass der Plastikverschmutzung der Meere. OceanCare fordert deshalb massgeschneiderte und rechtsverbindliche Richtlinien, die herrenloses Fischereigerät effektiv begrenzen.

  • Ein Viertel* aller Strandabfälle in Europa ist Fischereigerät.
  • Geisternetze machen rund 46 Prozent des Treibguts im grossen pazifischen Plastikstrudel aus. Im Nordpazifik waren fast 90 Prozent des abgefangenen Mülls Geisternetze.
  • Knapp 100.000 treibende Fischernetze wurden von 2016 – 2020 allein aus dem westlichen Zentralpazifik geholt, fast die Hälfte davon war verloren gegangen.
  • Jährlich gehen bis zu 5,7 Prozent aller Fischernetze, 8,6 Prozent aller Reusen und 29 Prozent aller Leinen im Meer verloren.
  • Tödliche Falle: Fast 80 % der Tiere, die sich in Meeresmüll verheddern, werden dadurch verletzt oder getötet.


*Zahlenangaben wissenschaftlich fundierte Schätzungen

«Es ist nicht allein die globale Überfischung der Fischbestände, sondern auch über Bord gegangenes Fischereigerät, das den Raubbau und die Verschmutzung der Ozeane in schier unvorstellbarem Ausmass vorantreibt. Diese sogenannten Geisternetze sind erheblich an der Plastikvermüllung der Meere beteiligt. Hunderttausende Netze treiben herrenlos und unkontrolliert in den Ozeanen und fischen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte weiter. Sie sind eine der grössten Bedrohungen der Plastikverschmutzung und verursachen den Tod von Millionen Meerestieren», so Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare.

Wachsende Gefahr von Geisternetzen und herrenlosem Fischereigerät

Verlorenes und weggeworfenes Fanggerät ist ein ständig wachsendes Problem in den Weltmeeren. Es beeinträchtigt die Gesundheit der Meere, die Tierwelt und ihre Lebensräume. Ausserdem beschädigt es auch Korallenriffe und den Meeresboden. Schwimmende Fischernetze, die sich in der Schiffsschraube verfangen, sind ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die Schifffahrt. Sobald das Gerät an Land gespült wird, verschmutzt es die Strände mit Plastikmüll – und addiert sich, sobald es sich zersetzt, zu dem Mikroplastik in der Meeresumwelt und an den Stränden. Mikroplastik kann bei Waltieren und anderen Meerestieren zu Entzündungen und zellulären Gewebeschäden führen. Auch kann das Mikroplastik über die Aufnahme in die marine Nahrungsnetze gelangen und auch auf unseren Tellern.

Zentrale Verpflichtung zur Reduktion von herrenlosem Fischereigerät notwendig

Die UNEA-Resolution 5/14 hatte 2022 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das neue Regelwerk die Plastikverschmutzung auch in der Meeresumwelt beenden muss. Der derzeitige Rechtsrahmen ist zu zersplittert und unzureichend, um gegen Geisternetze vorzugehen. OceanCare spricht über das verheerende Ausmass und fordert bei einer Veranstaltung für Delegierte gemeinsam mit der Partnerorganisation Environmental Investigation Agency, den Regierungen von Cook Islands, Norwegen, dem Secretariat of the Pacific Regional Environment Programme (SPREP) und der Universität von Wollongong einen verbindlichen Rechtsrahmen. Auch an einer offiziellen Nebenveranstaltung (Side Event) spricht OceanCare auf einem Fachpanel zum Thema und rückt damit das Problem in den Meeren in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die Reduktion von herrenlosem Fischereigerät muss als zentrale Verpflichtung festgelegt werden – national und international. Dabei geht es um Beschränkungen für Fanggerät, eine verbindliche Kennzeichnungspflicht für Netze, die als besonders gefährdet gelten, sowie die Meldung und Rückholung von verloren gegangenem Fanggerät. Es muss auch Sanktionen bei Verstössen geben.

«Bis heute fehlt ein rechtsverbindliches Instrument, das den gesamten Lebenszyklus von Fischereigerät umfasst, einschliesslich Konstruktion, Verwendung, Handel und Entsorgung. Freiwillige Leitlinien für die Markierung von Fischereigerät werden dieses Problem nicht lösen. Das neue globale Plastikabkommen ist die beste Gelegenheit, solche verbindliche Regelungen endlich zu schaffen,» so McLellan.

Zudem fordert OceanCare:

  1. Verbindliche Markierung von Fischernetzen, um verlorengegangene oder illegal im Meer entsorgte Netze zurückverfolgen zu können.
  2. Bergung und sachgerechte Entsorgung von Fischereigerät weltweit.
  3. Eine relevante Infrastruktur an Häfen, wo Fischer unbrauchbare Netze sachgerecht entsorgen können.

Hintergrund

Geisternetze und Fischereigerät: Meerestiere verheddern sich in treibenden Fischereigeräten (z.B. Netzen) und verletzen sich oder ersticken qualvoll. Wale, die sich in Fischereigerät verfangen, können nicht mehr abtauchen und ermüden rasch durch das grosse Gewicht und den Widerstand dieser Netze. 2018 hat die Fischereikommission der Welternährungsorganisation FAO freiwillige Richtlinien für das Markieren von Fischereinetzen angenommen. Bis jetzt werden Fischernetze jedoch nur selten markiert. Auch werden in der illegalen Fischerei bei Kontrollen viele Netze über Bord geworfen. Deshalb können verloren gegangene Netze nicht ihren Besitzer zugeordnet und unsachgemässe oder illegale Entsorgung kann nicht geahndet werden.

Hintergrundbriefing (auf Englisch, Französisch und Spanisch): https://www.oceancare.org/en/stories_and_news/plastics-treaty-fishing-gear/