Zigarettenstummel: Toxische Umweltsünde
Zigarettenstummel sind eine hartnäckige Form toxischer Plastikverschmutzung. Kippen, die in die Umwelt gelangen, können biologisch nicht abgebaut werden. Sie geben im Laufe der Zeit einen Cocktail hochgiftiger und krebserregender chemischer Substanzen an Böden, Gewässer, Seen und Meere ab. Zigaretten sind also nicht nur während der Herstellung und des Konsums schädlich, sondern noch lange nachdem sie geraucht wurden.
Im September 2022 wurden in Zürich am World Cleanup Day in einer von OceanCare mitorganisierten Aktion 16’400 Zigarettenstummel gesammelt. An einem Cleanup von Net’Leman waren es im Mai zuvor 54’621 Kippen. Und im März 2021 entfernten Schulkinder in der Schweiz und in Liechtenstein in einem gemeinsamen Einsatz sogar 958’181 Stummel aus der Natur.
Da eine Kippe rund 310 mg hochgiftiger Substanzen enthält, wurden allein im Rahmen dieser drei Anlässe etwa 318 Kilo Giftstoffe in mühsamer Arbeit von Freiwilligen aus der Umwelt entfernt. Über den Aspekt der Schadstoffe hinaus bestehen Zigarettenfilter aus dem Kunststoff Celluloseacetat und tragen deshalb auch massgeblich zur Plastikverschmutzung bei. Das ist aber bloss die Spitze des Eisbergs: Bedenkt man, dass in der Schweiz jede vierte Person ab 15 Jahren raucht und Zigarettenstummel zu den am häufigsten weggeworfenen Gegenständen gehören, wird klar, dass die Zahl der Kippen, die in die Natur gelangen und daraus nicht mehr entfernt werden, um ein Vielfaches höher ist.
Chemischer Cocktail
Das Problem ist aber nicht nur die Plastikverschmutzung. Aus Tabakerzeugnissen resultierender Müll enthält über 7000 toxische Chemikalien, darunter Substanzen, die beim Menschen Krebs erzeugen können. Gelangen Zigarettenstummel in die Umwelt, setzen sie eine Vielzahl chemischer Stoffe frei, wovon mindestens 250 als schädlich und 69 als krebserregend gelten. Am Boden liegende Kippen zersetzen sich langsam und geben dabei ihre Giftstoffe in die Erde ab. Diese werden wiederum von Pflanzen aufgenommen und können so potenziell in die Nahrungskette gelangen. Der toxische Cocktail gelangt aber auch in Flüsse und Seen und damit letztlich ins Meer. Jeder Zigarettenstummel verunreinigt bis zu 1000 Liter Wasser. Und auch wenn dazu noch keine genauen Daten vorliegen, muss davon ausgegangen werden, dass sich Zigarettenkippen im Organismus vieler Tiere befinden.
Wie die Chemikalien aus Zigarettenkippen mit den zahllosen weiteren gefährlichen Substanzen interagieren, die ebenfalls achtlos ins globale Ökosystem eingebracht werden, ist unklar. Klar hingegen ist, dass Kippen zum chemischen Cocktail beitragen, der uns Menschen und die Umwelt zunehmend belastet. Zu den durch Zigarettenstummel freigesetzten Substanzen gehört auch Mikroplastik. Eine Quelle schätzt, dass der Filter einer gerauchten Zigarette rund 15’000 Mikroplastikstränge enthält. Kippen tragen so auch wesentlich zur Plastikverschmutzung bei.
Zigaretten: Schädlich von A bis Z
Die Verschmutzung der Umwelt mit giftigen Chemikalien und Mikroplastik durch weggeworfene Zigarettenstummel ist die letzte Station eines Produkts, das entlang des gesamten Lebenszyklus schädlich ist: Einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation zufolge kosten Zigaretten pro Jahr mehr als 8 Millionen Menschenleben und 600 Millionen Bäume, zerstören 200 000 Hektaren Land, verschmutzen 22 Milliarden Tonnen Wasser und generiert 84 Millionen Tonnen CO2.
Big Tobacco: Eine problematische Industrie
Die Tabakindustrie wiegelt weiterhin mehrheitlich ab. In Anlehnung an ihr fragwürdiges „Ich glaube, Nikotin macht nicht süchtig“ von vor 30 Jahren versichert sie heute, es gäbe „keine Beweise dafür, dass Zigarettenstummel zu Mikroplastik werden“ – und dies, obwohl das Gegenteil bewiesen ist. Es ist höchste Zeit, dass die Tabakindustrie endlich Verantwortung für ihre Produkte übernimmt und gemäss dem Verursacherprinzip für ihre Erzeugnisse haftet.
Situation in der Schweiz
Der Bundesrat argumentiert, eine Umweltschädlichkeit weggeworfener Zigarettenstummel sei nicht hinreichend belegt und ein Verbot von Einweg-Zigarettenfiltern damit ein unverhältnismässiger Eingriff in die Gewerbefreiheit. Auch in der Schweiz scheinen die Behörden dem Handel und der Wirtschaft nach wie vor grösseres Gewicht beizumessen, als dem Schutz von Mensch und Umwelt. Das muss sich ändern.
Einfache Lösung: kein Littering
Weltweit sind Zigarettenstummel hinsichtlich der Stückzahl die am weitesten verbreitete Abfallart. Seit den 1980er Jahren machen Kippen im Schnitt 30 bis 40 Prozent aller Gegenstände aus, die bei weltweit durchgeführten jährlichen Clean-ups an Küsten und in Städten eingesammelt werden. Auch in der Schweiz ist der Zigarettenstummel das häufigste Littering-Objekt. Eine Kippe auf den Boden zu werfen scheint gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Es handelt sich also auch um ein Verhaltensproblem, das dringend adressiert werden muss. Klar ist: Zigarettenstummel gehören in den Müll und nie auf den Boden oder in die Natur.
Die Lösung des Problems liegt aber nicht nur beim Endverbraucher. Auch die Tabakindustrie muss ihren Anteil übernehmen, muss Lösungen anbieten und Verantwortung für den Abfall übernehmen, die sie mit ihren Produkten verursacht. Sie muss echte Rücknahmesysteme entwickeln und implementieren, und in vollem Umfang eine erweiterte Herstellerverantwortung für den gesamten Lebenszyklus von Zigaretten übernehmen.
Artikel zum Thema Zigaretten-Littering:
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