Nicolas EntrupLeiter Internationale Zusammenarbeit

Das Walfangmoratorium ist die grösste Errungenschaft im internationalen Artenschutz – es gilt sie zu bewahren.

Story

Wird aus der Walfang- eine Walschutz-Kommission?

18. September 2018

Am Freitag, 14. September ging die 67. Jahrestagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) in Florianópolis, Brasilien, zu Ende. Die Konferenz stand im Zeichen der Weichenstellung für die Zukunft des Gremiums. Die mehr als 80 Mitgliedsstaaten hatten über zwei Initiativen zu entscheiden, die sich diametral entgegenstanden: ein «Paketvorschlag» des Walfangstaates Japans und die Florianópolis-Deklaration des Gastgeberlandes Brasiliens.

Japans Vorschlag sah vor, in der IWC ein «Komitee für nachhaltigen Walfang» einzurichten, eine «Diplomatenkonferenz der Vertragsstaaten» einzuberufen, um die Konvention zu novellieren, sowie den kommerziellen Walfang zu legalisieren, indem für die Walpopulationen «nachhaltige» Fangquoten festgelegt werden. Der Vorschlag enthielt keinerlei Kontroll- oder Durchsetzungsbestimmungen, würde jedem Staat weiterhin ermöglichen, sich zusätzlich Fangquoten für «wissenschaftliche Zwecke» zu erteilen und die Beschlussfassung vereinfachen.

Brasiliens Initiative definierte ihr Ziel ganz klar mit dem umfassenden Schutz der weltweiten Walbestände, sodass sich diese auf den Bestand von vor der industriellen Bejagung erholen können. Der Beschluss sieht die Walbeobachtung als die einzige ökonomische Nutzung von Walbeständen vor. Immerhin ein mittlerweile milliardenschwerer Wirtschaftszweig, der in vielen Küstenstaaten aus den Angeboten für Reisende nicht mehr wegzudenken ist.

Klare Mehrheit für den Walschutz

Mit 40 zu 27 Stimmen und 4 Enthaltungen positionierten sich die Staaten klar für Brasiliens Antrag und ebenso deutlich gegen die Legalisierung des kommerziellen Walfangs. OceanCare kommentierte das Ergebnis wie folgt in einer Mitteilung an die Medien, die sehr breit aufgegriffen wurde: «Den kommerziellen Walfang wieder zuzulassen, hätte auch eine Aufhebung des Handelsverbots mit Walprodukten nach sich gezogen, denn beide Naturschutzinstrumente – Walfangmoratorium und Handelsverbot – sind eng verknüpft. Das Ergebnis der IWC-Tagung ist eine grosse Erleichterung. Die Wale können nun aufatmen».

Die Entscheidung fiel letztendlich eindeutig aus, hat jedoch einen Beigeschmack. Es gibt kaum Anzeichen, dass sich die Walfangstaaten einer Neuausrichtung der IWC anschliessen und somit auch in Zukunft versuchen werden, eine Trendwende zu erreichen. Auch ist zu befürchten, dass die Drohgebärden «entweder wir bekommen was wir wollen oder verlassen die IWC» zunehmen. Japans Vize-Fischereiminister Masaaki Taniai verwies in seiner Abschlussrede zwar weiterhin darauf, zu Verhandlungen bereit zu sein, betonte aber auch, dass Japan überdenken werde, wie man mit der IWC in Zukunft umzugehen hat.

Gab sich Norwegen, das 1982 den Beschluss des kommerziellen Walfangverbotes nicht anerkannte und weiterhin kommerziellen Walfang ausübt, gewohnt diplomatisch, reagierte die Delegation Islands, das in den 1980er Jahren den Walfang beendete und Anfang der 2000er Jahre wieder aufnahm, emotional und aggressiv. Dies dürfte jedoch auch damit zusammenhängen, dass die neue isländische Regierung eine Prüfung der Walfangaktivitäten im Lande selbst für den Herbst angekündigt hat. Der Druck wächst im eigenen Land, den Wertewandel fortzusetzen. Da kommt die Florianópolis-Deklaration gerade recht.

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hatten die brasilianische Initiative unterstützt. Ein klares Signal, dass eine einheitlich und proaktiv agierende Europäische Union sehr stark auf die Richtung umweltpolitischer Entscheidungen Einfluss nehmen kann. So wurde eine Lärm-Resolution der EU-Mitgliedsstaaten, die u.a. von der Schweiz und Monaco miteingebracht wurde, im Konsens angenommen.

Die Schweizer Delegation lehnte den japanischen Vorschlag ebenfalls ab. Hervorzuheben ist die klare Positionierung der Schweiz für Initiativen zur Erhaltung stark bedrohter Kleinwalarten und für eine funktionierende IWC. Zahlreiche Kleinwalarten sind vom Aussterben bedroht. Dazu zählen der in mexikanischen Gewässern vorkommende Vaquita und der in neuseeländischen Gewässern heimische Maui Delfin. Der Schweizer Appell richtete sich somit auch an Staaten, die sich dem Schutz der Grosswale vor Bejagung verschrieben haben, jedoch die Situation der Kleinwale in heimischen Gewässern noch nicht verbessern konnten.

Mit einem überwiegend positiven Fazit zu den Ergebnissen an der 67. Jahrestagung der IWC bleiben uns zwei abschliessende Anmerkungen: Die Rahmenbedingungen des Walschutzes werden in internationalen Gremien, wie jener der IWC und anderen, gesetzt. Doch diese sind nur dann ihr Papier wert, wenn Wale in den Ozeanen merklich etwas davon haben.

Last but not least bleibt dem Team die Erinnerung an die Begegnung mit Glattwalen in den Buchten der Konferenzregion. Mütter und Kälber hielten Körperkontakt, trieben langsam und graziös in den Buchten. Es sind jene Glattwale, die im Englischen den Namen Right Whale erhielten, da sie so langsam sind und nach dem Eindringen der Harpune an der Oberfläche blieben. Brasilien hat die Zeit des Walfangs und der Dezimierung der Walbestände hinter sich. Der Wertewandel schreitet voran.

Das Walfangmoratorium hat seine Lücken, aber es ist noch immer die grösste Errungenschaft im internationalen Artenschutz und OceanCare wird diese Errungenschaft mit all unseren Mitteln bewahren.