Medienmitteilung

Färöisches Fischereiministerium genehmigt Jagd auf Delfine

11. Juli 2022

Die internationale Meeresschutzorganisation OceanCare reagiert entsetzt auf die Entscheidung der Färöer. Danach soll die Delfinjagd auf den Färöern nicht eingestellt werden, sondern lediglich reguliert werden. 500 Weissseitendelfine dürfen laut Fischereiministerium der Färöer in den Jahren 2022 und 2023 gejagt werden. Der Beschluss geht auf eine Untersuchung zurück, die vier Tage nach der berüchtigten Tötung von mehr als 1400 Weissseitendelfinen auf den Färöern am 12. September 2021 angeordnet wurde. Die Jagd hatte international, wie auch auf den Färöern selbst massive Proteste zur Folge. Trotzdem wurde die Jagd namentlich auf Grindwale, eine weitere Delfinart, nur wenige Tage später fortgesetzt.

OceanCare spricht sich entschieden gegen eine solche Fangquote aus. Die Meeresschutzorganisation fordert ein Verbot der Jagd auf Delfine und Grindwale, sowie die Beendigung dieser grausamen, veralteten und unnötigen Praxis, die Meeressäuger in europäischen Gewässern tötet. Wie am Wochenende bekannt wurde, schlägt der Fischereirat der Färöer eine Höchstquote von 500 Weissseitendelfinen für den Rest der Jahre 2022 und 2023 vor. Sie soll 2023 oder 2024 einer weiteren Überprüfung durch die NAMMCO unterzogen werden.

«Wenn man das Schlimmste erwartet und es dann noch schlimmer kommt, so verhält es sich mit der Empfehlung von künftigen Tötungszahlen Atlantischer Weissseitendelfine auf den Färöer-Inseln. Die empfohlene Fangquote ist höher als der jährliche Durchschnitt der Tötungen dieser Art in den letzten Jahrzehnten. Wissenschaftlich nicht begründbar, fatal für diese Delfinart im Nordostatlantik, grausam und provokant», sagt Nicolas Entrup, Direktor Internationale Beziehungen bei OceanCare, und führt aus: «Vor wenigen Tagen verständigt sich die internationale Staatengemeinschaft auf die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele, die die Erhaltung mariner Arten beinhaltet. Die Fangquotenempfehlung zur Tötung von 500 atlantischer Weissseitendelfine pro Jahr ist ein direkter Schlag ins Gesicht gegenüber den Bemühungen für verbesserten Schutz mariner Arten».

«Wir glauben nicht, dass die Festsetzung einer Quote für den Atlantischen Weissseitendelfin wissenschaftlich begründet werden kann. Es besteht ein erheblicher Mangel an Wissen über diese Delfine im Allgemeinen und möglicherweise gibt es im Nordatlantik mehrere unterschiedliche Populationen. Die verfügbaren Bestandsschätzungen sind mit einer Reihe von Unsicherheiten, Unklarheiten und Schwächen behaftet. Dies macht sie ungeeignet für die Bewertung menschlicher Eingriffe, einschliesslich gezielter Entnahmen», so Mark Simmonds, wissenschaftlicher Direktor von OceanCare.

OceanCare begrüsst zwar, dass die menschlichen Kulturen und ihre Traditionen geschützt werden. Dies sollte jedoch nicht auf Kosten von schwerem Tierleid geschehen. Hinzu kommt, dass die Wal- und Delfinjagd auf den Färöer-Inseln heute mit modernen Motorschiffen und modernen Kommunikationsmitteln durchgeführt wird, um die Tiere zu kontrollieren indem sie akkustisch in Angst und Schrecken versetzt werden. Dies ist weit entfernt von der traditionellen Vorgehensweise bei der Waljagd. Zudem gehören die Tiere, die im Nordostatlantik umherstreifen, keiner Nation oder Gemeinschaft an. Ihre absichtliche Tötung untergräbt die Bemühungen um den Schutz derselben Meeressäugerarten, die anderswo in europäischen Gewässern unternommen werden.

Da die Färöer-Inseln ein autonomer Teil des dänischen Königreichs sind, fordert OceanCare die dänische Regierung auf, sich aktiv in dieser Angelegenheit zu engagieren. Priorität muss sein, die Behörden und die Bevölkerung der Färöer-Inseln davon zu überzeugen, die Ziele der Biodiversitäts-Gesetzgebung der Europäischen Union zu erfüllen. Diese sieht den Schutz aller Walarten vor und beinhaltet das Verbot der direkten Entnahme.

Heute Nachmittag findet eine Parlamentsdebatte zur Jagd auf den Färöern in der Westminster Hall des britischen Parlaments statt. «Wir werden nicht ruhen, bis Grindwale und alle anderen Meeressäugetiere sicher vor der Jagd sind. Jetzt ist es an der Zeit, einen neuen Weg einzuschlagen, und wir hoffen, dass die Färinger andere Wege finden können, um ihre besondere Beziehung zum Meer zu feiern», schliesst Mark Simmonds, wissenschaftlicher Leiter von OceanCare.

Hintergrund

Am 12. September 2021 wurden mindestens 1428 adulte Weissseitendelfine und dutzende Jungtiere in die Bucht von Skálafjørður im Osten der Färöer getrieben und dort getötet. Die Jagd auf Grindwale, trotz ihres Namens eine weitere Delfinart, wurde nur wenige Tage später fortgesetzt.

Aus einer soeben von der färöischen Regierung veröffentlichten Erklärung geht hervor, dass das Fischereiministerium für die Jahre 2022 und 2023 vorläufig eine jährliche Fanggrenze von 500 Weissseitendelfinen vorgeschlagen hat. Der Vorschlag wurde am 8. Juli zur öffentlichen Stellungnahme vorgelegt und wird voraussichtlich bis zum 25. Juli als Durchführungsverordnung umgesetzt.

Die Rolle Dänemarks

Die Färöer-Inseln sind eine autonome Region innerhalb des dänischen Königreichs, sie sind nicht Teil der Europäischen Union. Dänemark vertritt jedoch die Interessen der Färöer und Grönlands im Rahmen internationaler multilateraler Umweltabkommen sowie bei Verhandlungen über einen gemeinsamen Standpunkt der EU-Mitgliedstaaten. Dementsprechend waren diese Interessen oft ein Hindernis bei der Festlegung einer progressiveren Position des EU-Blocks innerhalb der Internationalen Walfangkommission (IWC).

Bewertung unter Leitung des Premierministers der Färöer-Inseln

Aus Berichten von den Färöer-Insel geht hervor, dass viele Menschen auf den Inseln mit der Durchführung der Jagd am 12. September zutiefst unzufrieden waren und sie dort zu erheblichen Debatten geführt hat. Eine kurz nach dem Ereignis durchgeführte Meinungsumfrage ergab, dass eine Mehrheit die Delfinjagd ablehnt.

Der färöische Premierminister leitete daraufhin am 16. September 2021 eine Überprüfung ein. Vier Tage nach der tragischen Jagd hatte er bekannt gegeben: «Wir nehmen diese Angelegenheit sehr ernst. Obwohl diese Jagden als nachhaltig gelten, werden wir die Delfinjagd genau unter die Lupe nehmen und prüfen, welche Rolle sie in der färöischen Gesellschaft spielen sollte. Die Regierung hat beschlossen, eine Evaluierung der Vorschriften für den Fang von Atlantischen Weissseitendelfinen einzuleiten.»