Rettung der Natur: OceanCare fordert sofortige Annahme des EU-Gesetzes
Unser verwundeter Planet, unser Klima, unsere Meere und ihre Lebewesen können nicht länger warten. Wir müssen jetzt mit der Wiederherstellung natürlicher Lebensräume beginnen. Die Europäische Union hat dazu in langen Verhandlungen ein Gesetz ausgearbeitet, dessen Verabschiedung – oder dessen Scheitern – zum Lackmustest für die Glaubwürdigkeit und das internationale Ansehen der EU wird. OceanCare fordert die belgische Ratspräsidentschaft auf, als ehrlicher Makler zu agieren und das Gesetz jetzt über die Ziellinie zu bringen.
Es ist wohl eine der grössten Herausforderungen für die belgische Ratspräsidentschaft, bevor ihr Mandat im Juni ausläuft. Ein Scheitern des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur wäre nicht nur ein schwerer Rückschlag für den Führungsanspruch der EU im Umgang mit der Dreifachkrise aus Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung – es wäre auch ein verheerendes Signal, dass die Union ihren eigenen demokratischen Prozess nicht respektiert.
Im November 2023, noch unter spanischer Ratspräsidentschaft, wurde in den Trilogverhandlungen zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission eine Einigung erzielt. Danach standen nur noch die notwendigen Formalitäten aus: die Annahme im Parlament, die Ende Februar erfolgte, und die Billigung durch den Rat, die für den 25. März 2024 auf der Tagesordnung stand.
In der Woche vor diesem Termin kam es jedoch aufgrund massiven Lobbyings naturfeindlicher politischer Kräfte zur überraschenden Ankündigung Ungarns in der Vorbereitungssitzung, seine bisherige Position zur Unterstützung des Gesetzesentwurfs um 180 Grad zu drehen. Auch Schweden, Polen, die Niederlande und Italien lehnten den Kompromiss ab und Belgien, Österreich und Finnland kündigten an, sich der Stimme zu enthalten. Trotz der Unterstützung der übrigen 19 EU-Mitgliedstaaten ist damit keine qualifizierte Mehrheit mehr für die Beschlussfassung gegeben. Das Gesetz wurde von der Tagesordnung des EU-Umweltministerrates genommen und auf unbestimmte Zeit vertagt.
Der gravierende Verlust der biologischen Vielfalt in Europa wird von allen EU-Institutionen anerkannt. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission im Juni 2012 ihren Legislativvorschlag mit drei Hauptzielen vorgelegt:
- Beitrag zur langfristigen Wiederherstellung geschädigter Lebensräume in allen Land- und Meeresgebieten der EU (konkret: Wiederherstellung von 20 % der geschädigten Ökosysteme in der EU bis 2030 und nahezu aller Ökosysteme bis 2050),
- die Klima- und Biodiversitätsziele der EU zu erreichen und
- den internationalen Verpflichtungen der EU nachzukommen, insbesondere dem Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal, einem UN-Abkommen.
Nach Berechnungen der Europäischen Kommission würde das neue Gesetz auch grosse wirtschaftliche Vorteile bringen und jeden investierten Euro mindestens verachtfachen.
Doch im entscheidenden EU-Wahljahr steht nicht weniger als die Glaubwürdigkeit und das internationale Ansehen der Union auf dem Spiel. Das Gesetz in der Schublade verschwinden zu lassen, würde nicht nur das Engagement der EU für den Umweltschutz untergraben, sondern auch die Entscheidungsfindung der Union in anderen kritischen Fragen wie der Erreichung der Klimaziele oder der Vorbereitung auf klimabedingte Katastrophen gefährden.
OceanCare verurteilt diese durchsichtigen politischen Manöver, die vor allem von rechten Parteien und Regierungen betrieben werden, um die rechtlichen Möglichkeiten der EU zu schwächen, die Natur wirksam zu schützen und wiederherzustellen. Die internationale Meeresschutzorganisation appelliert an die belgische Ratspräsidentschaft und an die Europäische Kommission, Schaden von der EU abzuwenden und dafür zu sorgen, dass das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in der fertig ausgehandelten Form verabschiedet wird.