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Teneriffa: Hafenprojekt gefährdet Wal- und Delfinpopulationen

31. August 2021

Das Meeresgebiet an der Südwestküste Teneriffas, der grössten der Kanarischen Inseln, gilt als Heimat einer besonders reichen Artenvielfalt. Dazu zählen Küstenriffe, Seegraslandschaften, Seevögel, Meeresschildkröten und 20 Walarten – darunter eine ortstreue Population von Kurzflossen-Grindwalen (Globicephala macrorhynchus). Daher wurde das Gebiet als Teil des europäischen Naturschutz-Netzwerkes Natura 2000 unter dem Namen „Teno-Rasca“ als grösstes Besonderes Schutzgebiet (SAC, Special Area of Conservation) der Kanarischen Inseln unter Schutz gestellt. In der Mitte des Küstenstreifens wurde jedoch ein Teilbereich aus dem Schutzgebiet exkludiert – nicht, weil dieser weniger artenreich ist, sondern weil dort ein grosser Hafen gebaut werden soll. Diese Pläne gefährden die ökologische Integrität der Region und riefen Widerstand in der lokalen Bevölkerung hervor, die sich zur Plataforma Ciudadana Salvar Fonsalía (Bürgerplattform zur Rettung von Fonsalía) zusammengeschlossen hat. OceanCare freut sich, dieser Koalition beizutreten und ihre Bemühungen zur Bewahrung der Region Fonsalía und ihrer umfangreichen Tierwelt zu unterstützen.

Der Südwesten Teneriffas ist eines der Gebiete Europas mit der grössten Vielfalt an Walen und Delfinen. Zu den regelmässig gesichteten Meeressäugern gehören Pottwale (Physeter macrocephalus), Blainville-Schnabelwale (Mesoplodon densirostris), Fleckendelfine (Stenella), Gewöhnliche Delfine (Delfinus delphis), Streifendelfine (Stenella coeruleoalba), Rauhzahndelfine (Steno bredanensis) und viele andere. Am bemerkenswertesten ist die ortstreue (nicht wandernde) Population von Kurzflossen-Grindwalen. Sie ist eine von nur vier bekannten ortstreuen Populationen weltweit und die zahlenmässig grösste ihrer Art in EU-Gewässern; die weiteren drei finden sich vor den Küsten Japans, Kaliforniens und Hawaiis.

Der Bau des so genannten Hafens von Fonsalía an der Küste von Alcalá, Playa de San Juan, Gemeinde Guía de Isora, würde ein 739 m langes Dock und eine 5,5 Hektar grosse Esplanade mit Kapazitäten für Kreuzfahrtschiffe und mehr als 460 Yachten und Freizeitboote umfassen. Dieser Hafen hätte eine Vielzahl zerstörerischer Auswirkungen auf die Biodiversität der Region:

  • Das Errichtungsgebiet deckt sich mit einem kritischen Areal für die Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas), eine prioritäre Art nach der FFH-Richtlinie, die in der Region bereits unter Fischerei, Müll und Kollisionen mit Booten leidet.
  • Die Lärmbelastung durch den Hafen würde die Kurzflossen-Grindwale, die bei der Nahrungssuche auf ihre hervorragende Echoortung angewiesen sind, stark beeinträchtigen.
  • Die Region Fonsalía gilt als Zufluchtsort für Grindwale, um den Belastungen durch exzessive Walbeobachtung, der zweitwichtigsten Touristenattraktion Teneriffas, zu entkommen.
  • Verstärkter Schiffsverkehr würde die Zahl der Kollisionen mit Meeresschildkröten und Meeressäugern wie Pottwalen, Schnabelwalen und Grindwalen weiter erhöhen – dies stellt auf den Kanarischen Inseln schon jetzt ein gravierendes Problem dar.
  • Die künstliche Beleuchtung des Hafens würde das Risiko erhöhen, dass junge Meeresschildkröten und Sturmtaucher (Puffinus) die Orientierung verlieren und sterben, statt das Meer zu erreichen. Aktuell ist diese Gefahr für Sturmtaucher im Gebiet des geplanten Hafens noch wesentlich geringer als in angrenzenden Gebieten.

Im SAC Teno-Rasca gibt es bereits vier Häfen, verteilt über einen Küstenabschnitt von nur 25 Kilometern zwischen Los Gigantes im Norden und Los Cristianos im Süden. Die Befürworter des Hafenprojekts Fonsalía argumentieren, dass der Hafen von Los Cristianos überlastet sei, weshalb der Bau eines weiteren Hafens notwendig sei. Dies liesse sich jedoch auch durch eine Neuorganisation der Fährenfahrpläne und des Hafenbetriebs beheben.

Aus all diesen Gründen spricht sich OceanCare gegen den Bau des Hafens von Fonsalía aus und unterstützt die Arbeit der Plataforma Ciudadana Salvar Fonsalía. Wir rufen insbesondere die Tourismusbranche dazu auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und PolitikerInnen und Behörden aufzufordern, vom Bau eines weiteren Hafens abzusehen. Darüber hinaus fordert OceanCare eine Reduktion der Fahrtgeschwindigkeit der Schiffe und ein nachhaltiges Management bestehender Hafenanlagen.