Medienmitteilung

Färöer: Wendepunkt im Wal- und Delfinschutz

21. Dezember 2021

Geschlossener Appell von EU-Mitgliedstaaten: antiquierte Jagdpraxis muss unverzüglich aufhören.

  • EU Appell: antiquierte Praxis der Jagd auf Wale und Delfine unverzüglich einstellen
  • Massentötung Tausender Weissseitendelfine am 12. September war «grausam und unnötig»
  • Alle Kleinwale – demnach auch Delfine – sollen demselben Schutz unterstehen wie Grosswale
  • Gemeinsamer EU-Appell richtet sich an Regierung der Färöer

Der heutige Tag markiert den Wendepunkt in der politischen Haltung gegenüber der färingischen Treibjagd. In ihrer gemeinsamen Erklärung positionieren sich die EU und ihre Mitgliedstaaten in der Internationalen Walfangkommission IWC (ausgenommen Dänemark), aktiv gegen die Jagdpraxis auf den Färöer-Inseln. Konkret fordern sie die Regierung der Färöer auf, «die antiquierte Praxis der Jagd auf Wale und Delfine unverzüglich einzustellen». Der EU Ministerrat kritisiert explizit die Massentötung von mehr als 1400 Weissseitendelfinen auf den Färöern am 12. September 2021 als «grausam und unnötig» und folgt damit der Haltung von EU-Kommissar Sinkevičius. In den letzten Jahrzehnten hatten sich die EU-Mitgliedstaaten meist in Schweigen über die Tötung von Kleinwalen durch die Färöer gehüllt und es vermieden, eine brutale und obsolete Tradition zu kritisieren.

«Endlich! Die EU bezieht sehr klar Position und verurteilt die empörende Tötung von Walen und Delfinen vor der Haustür der Union», sagt Nicolas Entrup, Co-Leiter Internationale Zusammenarbeit der internationalen Meeresschutzorganisation OceanCare.

«Wale und Delfine in dieser Grössenordnung in europäischen Gewässern zu töten, ist einer der Gründe für den sich stetig verschlechternden Zustand dieser Arten. Es schadet auch der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union und ihren Bestrebungen, den Schutz der Biodiversität, der Tiere und der Umwelt in anderen Weltregionen zu verbessern. Die Erklärung der EU-Mitgliedstaaten wurde daher inständig erwartet», erklärt Mark Simmonds, Director of Science bei OceanCare.

Zu der Massentötung an Delfinen auf den Färöern am 12. September stellen wir Ihnen diesen Videoclip rechtefrei zur Verfügung

OceanCare hatte sich zuvor an die EU-Mitgliedstaaten in der IWC und insbesondere an Dänemark gewandt und die dänische Regierung aufgefordert, in dieser Angelegenheit gemeinsam aktiv zu werden. Es geht darum, die Behörden und die Bevölkerung der Färöer davon zu überzeugen, die Zielsetzungen des Naturschutzrechts der EU einzuhalten, das alle Wal- und Delfinarten unter Schutz stellt und damit ein Verbot vorsätzlicher Tötung vorsieht. «Es ist bedauerlich, dass sich Dänemark an der heutigen Erklärung der Europäischen Union nicht beteiligt hat, da sie ‚den Interessen der Färöer nicht entspreche», so Nicolas Entrup.

Am 12. September 2021 wurden mindestens 1428 adulte Weissseitendelfine sowie dutzende Jungtiere in eine Bucht im Osten des Archipels getrieben und in Skálafjørður grausam getötet. Dies geschah im Zuge der Jagd auf Grindwale, einer weiteren Delfinart, die nur wenige Tage später fortgesetzt wurde. «Diese Jagdpraxis muss aus ethischen und Tierschutzgründen gestoppt und verboten werden». Ausserdem ist sie aus Sicht von OceanCare nicht nachhaltig und gegenteilige Behauptungen sind wissenschaftlich unfundiert. Das Vorsorgeprinzip ist hier entschieden anzuwenden, betont OceanCare.

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Hintergrund

Die Rolle Dänemarks: Die Färöer sind eine autonome Region innerhalb des Königreichs Dänemark. Sie sind nicht Teil der Europäischen Union. Dänemark vertritt jedoch die Interessen der Färöer und Grönlands im Rahmen internationaler Umwelt- und Artenschutzverträge sowie bei den Gesprächen über gemeinsame EU-Positionen. Entsprechend erwiesen sich diese Interessen oft auch als Hindernis für eine progressivere Haltung des EU-Blocks innerhalb der Internationalen Walfangkommission (IWC).

Die Rolle der IWC: Die Konvention von 1946, mit der die Internationale Walfangkommission eingerichtet wurde, definiert den Begriff «Wal» nicht, zielte aber historisch auf die Jagdbestimmungen für Grosswale. Für OceanCare und die meisten IWC-Mitgliedstaaten fallen alle Waltiere unter die Zuständigkeit der IWC – insgesamt etwa 90 grosse und kleine Arten, die in den Meeren und einigen grossen Flüssen leben.

Die IWC hat zwar nie die Regulierung der Jagd auf Kleinwale beschlossen und es gibt auch keine Einigkeit darüber, ob sie das in Zukunft tun sollte, aber sie gibt oft Empfehlungen heraus, die sämtliche Waltiere betreffen. Ausserdem bringen mehrere IWC-Resolutionen über Kleinwale die Sorge über Nachhaltigkeit und Tierschutzaspekte bei der Jagd auf Kleinwale zum Ausdruck, darunter die Resolution 1995-1 zu Grindwalen. Seit 2001 wurde keine Resolution über die Jagd auf Kleinwale mehr verabschiedet.

Angesichts des Ausmasses der gezielten Bejagung von Kleinwalen und aller anderen Bedrohungen für diese Arten ist es wichtig, die Zuständigkeit der IWC zu klären. Es besteht ein dringender Bedarf nach internationaler Kooperation zwischen den Staaten sowie zwischen der IWC und anderen relevanten multilateralen und regionalen Abkommen, um das globale Regelwerk zum Schutz von Waltieren zu stärken.