Dänische Reederei trifft Massnahmen zum Schutz gefährdeter Pottwale
Die dänische Reederei DFDS, eine der grössten Reedereien Europas, wird ihre Routen im hellenischen Graben vor Griechenland ändern und langsamer fahren. Damit will sie die Gefahr verringern, im östlichen Mittelmeer mit stark gefährdeten Pottwalen zu kollidieren. Die geplanten Änderungen sollen das Risiko für Pottwale halbieren, in den Gebieten westlich des Peloponnes mit DFDS-Schiffen zusammenzustossen.
In den Gewässern des hellenischen Tiefseegrabens leben schätzungsweise nur noch etwa 200 Pottwale. Die Population steht auf der Roten Liste und gilt als stark gefährdet, sie droht auszusterben. Die grösste Bedrohung für die Zahnwale ist, von grossen und schnell fahrenden Schiffen gerammt zu werden.
Die dänische Reederei hat diese Massnahme nach wissenschaftlichen Empfehlungen von Forschungs- und Naturschutzorganisationen des IFAW (International Fund for Animal Welfare), OceanCare, dem Pelagos Cetacean Research Institute und WWF Griechenland beschlossen. Deren langjährige Forschung ergab: Das Kollisionsrisiko ist um 72 % geringer, wenn die Schifffahrtsroute nicht mehr durch das Kernhabitat im hellenischen Graben vor der Küste Griechenlands führt.
Das Unternehmen wird ab sofort einige seiner Schifffahrtsrouten ändern und bei jenen Schiffen, die weiterhin dieses kritische Gebiet vor der griechischen Küste queren, die Fahrtgeschwindigkeit auf 12 Knoten reduzieren.
«Dies ist ein wichtiger Fortschritt. Dieser Schritt macht Hoffnung angesichts der düsteren Prognosen, dass Pottwale in den kommenden Jahren im östlichen Mittelmeer aussterben könnten,» so die Koalition. «Die Reederei hatte erhebliche Herausforderungen zu bewältigen, zeigte jedoch beeindruckendes Engagement und Entschlossenheit. Auch wenn weiterhin gewisse Einschränkungen bestehen, wird diese Entscheidung das Risiko für Schiffe, mit Pottwalen zu kollidieren, erheblich verringern.»
Die Massnahmen seitens DFDS und die Routenänderungen weiterer Reedereien (siehe MSC und Massnahmen), die sich bereits von der Koalition beraten lassen, senken das Kollisionsrisiko mit Pottwalen im Hellenischen Graben um schätzungsweise 27%. Damit ist aber die Gefahr noch lange nicht gebannt und es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.
«Wir können diese Wale vor dem Aussterben bewahren und fordern andere Schiffsbetreiber auf, den wissenschaftsbasierten Empfehlungen zu folgen und ebenfalls die Fahrtroute aus dem Verbreitungsgebiet der Pottwale heraus zu verlegen,» so die Koalition weiter.
«Der Bestand an Pottwalen geht seit einiger Zeit besorgniserregend zurück. Schon solch kleine, aber wichtige Änderungen verbessern ihre Chance, zu überleben. Ähnlich wie Menschen, die versuchen, eine gefährliche Strasse mit starkem Verkehr zu überqueren, müssen Wale durch stark befahrene Routen mit schnell fahrenden Schiffen schwimmen – viele werden dabei getötet», so die Koalition.
DFDS ist der grösste Betreiber der am schnellsten fahrenden Schiffe im Gebiet des Hellenischen Grabens. Ihre Schiffe durchqueren den wichtigsten Lebensraum der Pottwale mehr als 1.600 Mal pro Jahr. Fast 70 % dieser Fahrten führen durch das Hauptproblemgebiet. Das Risiko von Kollisionen mit Walen steigt mit zunehmender Schifffahrtsgeschwindigkeit rapide an. Derzeit machen DFDS-Schiffe 48 % des Schiffsverkehrs aus, der mit einer Geschwindigkeit von mehr als 17 Knoten erfolgt.
Hintergrund
- DFDS kombiniert Routenänderungen und langsameres Fahrttempo. Diese Änderungen wurden entwickelt, um die Risikominderung zu optimieren. Sie berücksichtigt ausserdem die betrieblichen Anforderungen von Schiffen, die nach einem engen Zeitplan fahren. Die Empfehlungen sind das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit und eines engen Dialogs zwischen DFDS und Wissenschaftlern.
- Das Griechische Hydrographische Amt hat Informationen über die wichtigsten Gefahrengebiete für Pottwale in den «Notices to Mariners» veröffentlicht. Sie wurden nun auch in die Admiralty Sailing Directions des Hydrographischen Amts des Vereinigten Königreichs aufgenommen, die die Mehrheit der internationalen Schifffahrt verwendet. Die Koalition begrüsste diesen positiven Schritt zur Sensibilisierung und offiziellen Anerkennung des Problems. Sie setzt sich weiterhin dafür ein, dass alle Schifffahrtsunternehmen, die diese Route nutzen, diese ebenfalls anpassen.
- Pottwale (Physeter macrocephalus), bekannt aus der legendären Erzählung Moby Dick, gehören zur Gruppe der Zahnwale und können bis zu 2000 Meter tief tauchen. Ausserhalb des Mittelmeers sind Pottwale als «gefährdet» eingestuft, aber aufgrund ihrer geringen Bestandsgrösse und geografischen Isolation gilt die Mittelmeerpopulation in der Roten Liste bedrohter Arten der IUCN als «stark gefährdet».
- Das Pelagos Cetacean Research Institute erforscht die Pottwalpopulation im östlichen Mittelmeer seit 1998. Diese Studien identifizierten den Hellenischen Graben westlich und südlich des Peloponnes und südwestlich von Kreta als kritischen Lebensraum für diese Wale. Diese tief tauchenden Wale sind hier das ganze Jahr über anzutreffen. Es ist das einzige Gebiet im östlichen Mittelmeer, in dem Familiengruppen beobachtet wurden – und zwar vor allem in der Nähe der 1000-Meter-Tiefenlinie, also direkt auf den stark befahrenen Schifffahrtsrouten.
- Das Abkommen zum Schutz von Walen und Delfinen im Mittelmeer, Schwarzen Meer und angrenzendem Atlantik (ACCOBAMS) stuft den hellenischen Graben als eines von fünf Hochrisikogebieten für Schiffskollisionen mit stark gefährdeten Walen im Mittelmeer ein.
- Das Gebiet ist auch von der IUCN SSC-WCPA Marine Mammal Protected Areas Task Force als wichtiges Meeressäugetiergebiet (IMMA) anerkannt. Das unterstreicht die Bedeutung, dieses Gebiet zum Schutz und der Erhaltung bedrohter Wale zu nutzen.
- Bereits mehrere Schifffahrtsunternehmen, darunter die aktuell weltgrösste Reederei – die Mediterranean Shipping Company MSC – verlegten aufgrund von Empfehlungen der Koalition die Fahrtroute ausserhalb des Pottwalgebietes. Interessensverbände wie der Verband Deutscher Reedereien (VDR) und die International Chamber of Shipping (ICS) forderten ihre Mitglieder auf, diesen Empfehlungen zu folgen.
Foto: Pelagos Research Institute