Wal- und Delfinjagd Färöer-Inseln: Neuer Bericht widerlegt Behauptungen der Jäger
Sieben der weltweit führenden Tier- und Meeresschutzorganisationen widerlegen in einem neuen Bericht die Behauptung von Waljägern, die jährlichen Treibjagden auf den Färöer-Inseln seien human, nachhaltig und ein integraler Bestandteil der lokalen Kultur. Dies geschieht anlässlich der jüngsten Treibjagd auf den Färöer-Inseln, bei der am 22. September 42 Grindwale getötet wurden.
Mit dieser jüngsten Jagd steigt die Gesamtzahl der auf den Inseln getöteten Wale und Delfine auf über 900 – weit mehr als der übliche Durchschnitt von etwa 685 Tieren.
Der Bericht Unravelling the truth: Whale killing in the Faroe Islands (Die Wahrheit ans Licht bringen: Walfang auf den Färöer-Inseln) wirft anhand evidenzbasierter Argumente einen kritischen Blick auf die Hauptbegründungen für die anhaltende Jagd auf Langflossen-Grindwale und andere Kleinwale auf den Färöer-Inseln (ein kleines selbstverwaltetes dänisches Territorium zwischen Schottland und Island im Nordatlantik).
In Europa: Massentötung von Meeressäugern
Die Jagd, die als Grindadráp bekannt ist, wird von der internationalen Gemeinschaft weitgehend verurteilt. Während die Jagd zu Wikingerzeiten mit Ruderbooten stattfand, wird die Hetzjagd heutzutage mit Motorbooten und Jetskis und neusten Kommunikationstechnologien durchgeführt. Ein Entrinnen ist praktisch unmöglich. Vergangenen Freitag, 22. September wurden 42 Grindwale getötet, was die Gesamtzahl auf über 900 Wale und Delfine bringt.
In den letzten zehn Jahren haben färingische Walfänger im Schnitt 660 Grindwale und 133 Delfine pro Jahr getötet. Das Fleisch wird an interessierte Inselbewohner verteilt und manchmal in Lebensmittelgeschäften und Restaurants verkauft. Vor dieser jüngsten Jagd waren bis August 2023 bereits 854 Grindwale getötet worden. Im September 2021 starben auf den Färöer-Inseln an einem einzigen Tag mehr als 1.400 Atlantische Weissseitendelfine, was zu einem grossen öffentlichen Aufschrei und scharfer Kritik seitens der Europäischen Union führte.
Grausame Tötungsmethoden
Wird eine Wal- oder Delfinschule gesichtet, treiben die Jäger sie mit einer Reihe von Booten an die Küste und in ausgewiesene Tötungsbuchten. Sind die Tiere im seichten Wasser, werden sie mit einem Rundhaken, der in die Blaslöcher – die Atemwege der Wale – getrieben wird, gesichert und an Land gezogen. Dort wird jeder einzelne Wal oder Delfin mit einem Messer oder einer scharfen Wirbelsäulenlanze getötet, die in den Hals hinter dem Blasloch gestossen wird. Dies kann das Tier lähmen, bedeutet aber nicht unbedingt, dass es sofort tot, bewusstlos oder schmerzunempfindlich ist.
„Grindwal- oder Delfingruppen können nicht auf humane Weise an die Küste getrieben, gesichert und getötet werden. Diese Treibjagden sind extrem stressig und schmerzhaft, die Tiere sind Augenzeugen der Tötung der anderen Mitglieder ihrer Gruppe, bis sie selbst das gleiche Schicksal erleiden“, beschreibt Dr. Sandra Altherr, Mitbegründerin von Pro Wildlife, das Massenschlachten.
„Es ist für uns sehr schwer zu verstehen, warum die grausame und unnötige Treibjagd auf Wale und Delfine auf den Färöer-Inseln immer noch andauert. An allen anderen Orten, an denen es solche Aktivitäten gab, mit Ausnahme von Japan, wurde diese inhärent unmenschliche Praxis beendet“, betont Fabienne McLellan, Geschäftsführerin von OceanCare. „Wir sind zutiefst besorgt darüber und hoffen, dass dieser neue Bericht dazu beiträgt, einige der Missverständnisse auszuräumen, die auf den Inseln und anderswo bestehen.“
Die wichtigsten Erkenntnisse des Berichts
- Auch wenn viele Färinger mit Verweis auf die Tradition Grindwale jagen und essen, zeigt der neue Bericht, dass die Mehrheit der Färinger weder am Walfang teilnimmt noch das Fleisch konsumiert. Auch die Jagd auf die kleineren Delfinarten stösst bei den Einheimischen auf erheblichen Widerstand. So ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstitutes Gallup vom April 2022, dass 69 Prozent der Öffentlichkeit die Delfinjagd ablehnen, während nur 7 Prozent sie befürworten.
- Obwohl die Befürworter der Grindwaljagd argumentieren, Fang und Tötung seien human, kam eine kürzlich in der Fachzeitschrift Frontiers in Veterinary Science veröffentlichte Untersuchung zu dem Schluss, dass die färingischen Jagdtechniken angesichts des aktuellen Wissens über die empfindungsfähige Natur dieser Tiere ethisch und moralisch inakzeptabel sind.
- Behauptungen, die Treibjagden seien nachhaltig, vereinfachen ein komplexes Thema grob und berücksichtigen weder die niedrige Vermehrungsrate von Grindwalen noch die Folgen einer Jagdmethode, die ganze soziale Einheiten vernichtet.
- Trotz der langen Tradition der Grindwaljagd auf den Färöern (die oft als kulturelle Rechtfertigung für die Tötung vorgebracht wird) nimmt die Mehrheit der Färinger heute weder am Walfang teil, noch konsumieren sie das Fleisch. Heutzutage werden für die Jagd moderne motorisierte Schiffe und hochentwickelte Kommunikationstechniken eingesetzt, womit die Jagd längst nicht mehr historischen oder traditionellen Methoden entspricht.
Umfassende Kritik an der Jagd
„Grindwale und andere Kleinwale sind in der Europäischen Union geschützt, werden aber vor ihrer Haustür auf den Färöer-Inseln massakriert“, sagte Sue Fisher, leitende politische Beraterin für Meeres- und Landtierprogramme beim Animal Welfare Institute. „Dieser Widerspruch ergibt keinen Sinn, vor allem angesichts der bekannten negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die mit dem Verzehr von Grindwalfleisch und -blubber mit hohem Gehalt an Fett verbunden sind.“
„Seit dem Jahr 2000 wurden auf den Färöer-Inseln mehr als 20.000 Grindwale, Atlantische Weissseitendelfine und andere Wale geschlachtet. Dies ist eine veraltete, grausame und verschwenderische Praxis, die weder das Wohlergehen der Individuen noch die soziale Komplexität dieser Walgesellschaften berücksichtigt“, sagte Sarah Dolman, Senior Ocean Campaigner, von der Environmental Investigation Agency UK.
„Wir hoffen, dass unser Bericht dazu beiträgt, Missverständnisse über die Jagd auszuräumen, damit die Öffentlichkeit ein umfassendes Verständnis für das Problem erhält und diese grausame Praxis endlich beendet werden kann“, sagte Louie Psihoyos, Geschäftsführer der Oceanic Preservation Society.