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IMO-Tagung: OceanCare begrüsst Fortschritte bei der Dekarbonisierung des Seeverkehrs

16. April 2025

OceanCare begrüsst im Wesentlichen die Ergebnisse der 83. Sitzung des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC83) der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), die vom 7. bis 11. April 2025 in London stattfand. Bei dem Treffen wurde beschlossen, ein neues System von Strafen und Belohnungen für die Dekarbonisierung der Schifffahrt einzuführen, den Nordostatlantik als Emissionskontrollgebiet auszuweisen und (auf Vorschlag Perus) den Status als besonders empfindliche Meeresgebiete (PSSA) für zwei weitere Regionen in die Wege zu leiten. OceanCare setzt sich für darüber hinausgehende, ambitioniertere Maßnahmen ein, darunter Geschwindigkeitsreduktion, was sowohl dem Klimaschutz als auch der marinen Tierwelt unmittelbar zugutekäme.

  • Zwar hat sich der Vorschlag, eine Abgabe auf jede emittierte Tonne CO2-Äquivalent zu erheben, nicht durchgesetzt, aber es wurde ein komplexes System vereinbart, das auf Strafe und Belohnung je nach Einhaltung der Ziele des Dekarbonisierungspfads Dem Beschluss ging eine politisch brisante Abstimmung voraus.
  • Es wurde ein Netto-Null-Fonds eingerichtet, über den die IMO die Einnahmen aus dem obigen System auszahlen wird, um die Nutzung von Technologien, Kraftstoffen und/oder Energiequellen mit null oder nahezu null (ZNZ) Treibhausgasemissionen zu belohnen. Damit soll eine faire und gerechte Übergangsphase ermöglicht werden.
  • OceanCare begrüsst ausdrücklich die getroffene Vereinbarung, den Nordostatlantik als Emissionskontrollgebiet (ECA) für Schwefeloxide, Feinstaub und Stickoxide auszuweisen.
  • Der Vorschlag Perus, die Ausweisung von zwei besonders sensiblen Meeresgebieten (PSSA) – „Nasca Ridge National Reserve“ und „Grau Tropical Sea National Reserve“ – im Pazifik vor Südamerika einzuleiten, wurde angenommen.

Auch wenn die vereinbarten Massnahmen hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind, begrüsst OceanCare, dass die Schifffahrt zum ersten globalen Industriesektor wurde, der verbindliche Vorgaben zur Dekarbonisierung verabschiedete. Die Mehrheit dafür verdankt sich u.a. der Unterstützung durch die EU-Mitgliedstaaten, die Schweiz, Grossbritannien, viele lateinamerikanische Länder, die Türkei, aber insbesondere auch China. Nur 16 Staaten, hauptsächlich erdölproduzierende Länder wie Iran, Katar, die Russländische Föderation und Saudi-Arabien, stimmten dagegen. 23 IMO-Mitgliedstaaten enthielten sich der Stimme.

„Trotz des Widerstands der US-Regierung gegen die mittelfristigen Dekarbonisierungsmassnahmen der IMO und trotz der intensiven Anstrengungen der erdölproduzierenden Länder, die Massnahmen so weit wie möglich zu verwässern, ist das Endergebnis der Abstimmung ein begrüssenswerter Fortschritt, auch wenn nicht alle Erwartungen erfüllt wurden. Es ist fundamental wichtig, die Dekarbonisierung des Seeverkehrs weiter voranzutreiben, und so ist das Ergebnis auch ein großer Erfolg für das Prinzip des Multilateralismus im Rahmen der Vereinten Nationen“, sagt Carlos Bravo, Vertreter von OceanCare, der an der MEPC83 in London teilnahm.

Der von den pazifischen Inselstaaten eingebrachte und von anderen Ländern unterstützte Vorschlag, eine Abgabe auf jede Tonne emittierten CO2-Äquivalents zu erheben, war leider nicht erfolgreich, aber es wurde ein auf einem Emissionsmarktsystem basierendes Konstrukt mit Sanktionen und Belohnungen je nach dem Grad der Einhaltung der Dekarbonisierungsziele der IMO eingeführt.

In diesem Zusammenhang wurde vereinbart, einen Netto-Null-Fonds einzurichten, über den die IMO die durch das vereinbarte System eingenommenen Mittel auszahlen wird, um die Nutzung von Technologien, Kraftstoffen und/oder Energiequellen mit null oder nahezu null (ZNZ) Treibhausgasemissionen zu belohnen und den Umwelt- und Klimaschutz, die Anpassung und den Resilienzaufbau im Rahmen der Energiewende im Seeverkehr zu fördern. Dabei soll den Bedürfnissen der Entwicklungsländer, insbesondere der am wenigsten entwickelten Länder (LDC) und der kleinen Inselstaaten (SIDS), besondere Aufmerksamkeit zuteil werden.

„Bis saubere Nullemissionstreibstoffe im grosen Massstab einsetzbar sind, wird es noch mindestens ein Jahrzehnt dauern und in der Zwischenzeit sollte die IMO ordnungspolitische Massnahmen ergreifen, um der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht zu werden. Dazu zählen operative Massnahmen wie die Verringerung der Fahrtgeschwindigkeit der Schiffe oder die Förderung von Techniken wie der Windkraftnutzung zur Unterstützung des Antriebs“, betont Bravo.

Durch die Senkung der Fahrtgeschwindigkeit werden Treibhausgasemissionen, der Ausstoss von Ruß und anderen Luftschadstoffen, die Lärmbelastung unter Wasser und die Tötung von Walen durch den Schiffverkehr verringert.

Weitere vom MEPC angenommene Massnahmen

OceanCare ist sehr erfreut, dass die Ausweisung Teile des Nordostatlantiks als Emissionskontrollgebiet (ECA) für Schwefeloxide, Feinstaub und Stickoxide beschlossen wurde.

Dieses ECA umfasst die ausschliesslichen Wirtschaftszonen (AWZ) und die Hoheitsgewässer im Umkreis von 200 Seemeilen rund um Grönland, Island, die Färöer, Irland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Spanien und Portugal.

Darüber hinaus wurde der Vorschlag Perus, die Ausweisung der Regionen „Nasca Ridge National Reserve“ und „Grau Tropical Sea National Reserve“ im Pazifik Südamerikas als besonders empfindliche Meeresgebiete (PSSA) einzuleiten, genehmigt.

Das Nasca Ridge National Reserve ist ein Tiefsee-Ökosystem mit Unterwassergebirge, das sich durch eine einzigartige Artenvielfalt auszeichnet und 2021 als erstes reines Meeresschutzgebiet Perus ausgewiesen wurde. Es ist ein Lebensraum von entscheidender Bedeutung, denn sein pelagisches Ökosystem ist reich an Primärproduktivität und eine Nahrungsquelle für eine Vielzahl von Seevögeln (u.a. Albatros- und Sturmvogelarten), Meeressäugern wie Buckel-, Pottwal, Blau- und Schwertwalen sowie Meeresschildkröten, die alle auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. Es verfügt über eine grosse Vielfalt an benthischen Lebensräumen, darunter Seeberge, Gräben und Methanquellen, und ist von besonderer Bedeutung, da viele pelagische und benthische Organismen für ihre Fortpflanzung und ökologische Vernetzung sowie für andere wichtige ökologische Prozesse entscheidend von diesen Lebensräumen abhängen.

Ziel des vorgeschlagenen PSSA für das Grau Tropical Sea National Reserve ist es hingegen, den Schutz der Ökosysteme des peruanischen Tropenmeeres inklusive der tropisch-gemässigten Übergangszone zu stärken. Wie im vorangegangenen Fall dient die Ausweisung auch dazu, die internationale Schifffahrt für die Empfindlichkeit des Gebiets und die mit dem Verkehr verbundenen Risiken zu sensibilisieren.

Das Grau Tropical Sea National Reserve schützt kritische Lebensräume für gefährdete Arten, die in Peru und international unter Schutz stehen, wie z.B. die Seepferdchen-Lebensräume im Sektor Cabo Blanco-El Ñuro oder ein Paarungsgebiet für Buckelwale und ein Nahrungshabitat für Grüne Meeresschildkröten (Chelonia mydas) in den Riffen von Punta Sal. Ausserdem beherbergt es wichtige Lebensräume für Echte Karettschildkröten und Walhaie, Paarungsgebiete für pelagische Haie und Mantarochen sowie eine Kolonie von Pelzrobben auf Isla Foca. Darüber hinaus wird der Lebensraum zahreicher Fisch- und Wirbellosenarten erhalten, deren Populationen rückläufig sind oder sich in einem kritischen Zustand befinden und Schutzgebiete als Zufluchtsorte benötigen. Der Sektor der Mancora-Bank beherbergt einzigartige Tiefseelebensgemeinschaften, die u.a. aus einer grossen Vielfalt an Krustentieren und anderen wirbellosen Tieren mit zahlreichen endemischen Arten bestehen.

Hintergrundinformationen zur Klimastrategie der IMO

Die 2023 überarbeitete Treibhausgasstrategie der IMO sieht vor, Netto-Null-Treibhausgasemissionen des internationalen Seeverkehrs bis zum Jahr 2050 zu erreichen, und enthält die Verpflichtung, bis 2030 den Einsatz klimaneutraler Kraftstoffe zu gewährleisten, sowie indikative Kontrollpunkte für 2030 und 2040.
Kontrollpunkte für das Erreichen von Netto-Null-THG-Emissionen im internationalen Seeverkehr:

  • Senkung der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen des internationalen Seeverkehrs bis zum Jahr 2030 um mindestens 20 % (angestrebt werden 30 %) im Vergleich zu 2008; und
  • Reduktion der gesamten jährlichen Treibhausgasemissionen des internationalen Seeverkehrs bis zum Jahr 2040 um mindestens 70 % und möglichst um 80 % im Vergleich zu 2008.

Diese neue IMO-Strategie ist nicht gänzlich mit dem 1,5ºC-Ziel des Pariser Abkommens vereinbar, so dass die oben genannten Zahlen das absolute Minimum darstellen. Daher ist das in der neuen Treibhausgasstrategie vereinbarte Ziel von -30 % bis 2030 zu niedrig und sollte auf -40 % erhöht werden.

Was das Jahr 2030 betrifft, so besteht das Problem darin, dass die Treibhausgasemissionen aus der Schifffahrt seit 2023 weiter gestiegen sind (und der prognostizierte Trend ist steigend, wenn nicht kurzfristig sehr strenge Massnahmen ergriffen werden). In diesem Zusammenhang wird die Energieeffizienz (sowohl betriebliche Massnahmen, vor allem Geschwindigkeitsreduzierung, als auch technische Massnahmen, wie effizientere Propeller, bessere Schiffskonstruktionen usw.) einen großen Teil der Emissionsreduzierung erbringen müssen, da neue Kraftstoffe nur langsam auf den Markt kommen werden.

Nur durch verbesserte Energieeffizienz, Geschwindigkeitsreduktion und Windenergie wird die IMO in der Lage sein, ihre Treibhausgasreduktionsziele zu erreichen. Und der Kohlenstoffintensitätsindikator (KII) ist das Instrument, das diese Verbesserungen auf die kosteneffizienteste Weise vorantreiben kann. Der KII ist ein Schlüsselinstrument für die Entwicklung energieeffizienterer Schiffe und die kurzfristige Senkung der Emissionen. Derzeit schöpft der KII sein Potenzial aber nicht voll aus.

OceanCare sieht einen starken, überarbeiteten KII, der Massnahmen zur Geschwindigkeitsreduktion fördert, als notwendig an, damit die Schifffahrtsindustrie bis 2050 erfolgreich klimaneutral werden kann.

Durch die Verringerung der Schiffsgeschwindigkeit (eine betriebliche Massnahme) und eine höhere Effizienz werden die Schiffe weniger Treibhausgasemissionen, weniger Russ und andere Luftschadstoffe, sowie weniger Unterwasserlärmemissionen verursachen und zu einer drastischen Sekung des Kollisionsrisikos mit Walen führen.